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472 Eugen Hillenbrand
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Abb. 5: Titelblatt
der programmatischen
Schrift Wimpfelings
„Wegweiser für die
deutsche Schule",
1497
sima modo sed et humanissima. (Gemeinschaft
, die sich nicht nur durch höchste
Bildung, sondern auch durch edle
Menschlichkeit auszeichnete).11 Ob Gervasius
an dem Festessen zu Ehren des
Humanistenfürsten im Straßburger Jo-
hanniterkloster teilnahm, wissen wir
nicht. Eher nicht. Er hatte schließlich
Dienstpflichten zu erfüllen an seiner
ersten Schulmeisterstelle in Offenburg.
Mit welchen Vorstellungen über
seinen Bildungsauftrag war Gervasius
Sopher von Straßburg aus zur Schule in
Offenburg gewandert? Eine Antwort auf
diese Frage gibt Wimpfeling mit einem
Leitfaden, den er seinen Schülern bereits
1497 an die Hand gegeben hatte
unter dem Titel: Isidoneus Germanicus
(Wegweiser für die deutsche Schule).12
Das Bild auf der Vorderseite deutet
den Adressaten seiner Schrift an; sie
wendet sich an den Lehrer, der sich in
die Grundsätze einer neuen Pädagogik vertiefen sollte. In der
Vorrede beschreibt er die Ausgangssituation: „Oft habe ich
Mitleid empfunden mit unserer Jugend, die wohl beste Anlagen
hat, aber nur selten gute Lehrer. Sie müssten klar erkennen
, welches die Gegenstände des ersten Unterrichts für die
Jugend sein sollen und nach welchem Lehrplan dieser Unterricht
gestaltet werden soll ... Wenn nämlich das Fundament
falsch gelegt wird, wie sollen dann die Schüler später in der
Lage sein, sich für das geistige und leibliche Wohl der Gesellschaft
und für die Verwaltung des Gemeinwesens einzusetzen
?"
In 33 zum Teil ausführlichen Kapiteln bietet er eine Fülle
grundsätzlicher und spezieller Anregungen, um der Schule den
ihr angemessenen „Sitz im Leben" zu erstreiten. Er will sie aus
ihrer Enge herausführen auf die europäische Kommunikationsebene
der Eliten. Das ist für ihn nur möglich über die Beherrschung
der nobilissima lingua Latein. Aber dieser Sprachunterricht
darf nicht Selbstzweck sein, sondern Schlüssel zum reichen
Wissensschatz der Tradition, zu Recht, Verwaltung, Geschichte
usw. Deshalb lobt er „die klugen Italiener", die ihre
Kinder nach einem neuen Konzept unterrichteten: Sie erklärten
nur die Grundzüge der Grammatik, soweit sie unerlässlich
sind, um die sprachlichen Strukturen zu verstehen. „Dann
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