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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 476
(PDF, 98 MB)
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476 Eugen Hillenbrand

den „allerliebsten Söhnen und über alles geliebten Schülern,
damit sie ihr Leben klug einrichten und das gewünschte Lernziel
erreichen können"17.

Leider erfahren wir über den Unterrichtsbetrieb und den
Lehrplan aus den zwanzig Paragraphen nicht allzu viel. Sie
fassen eher einige Grundregeln schulischer Disziplin zusammen
. Gleich die ersten beiden Paragraphen binden die Schüler
in die Kirchengemeinde ein. Vom Schulhaus aus zogen diese
gemeinsam zum Gottesdienst, der im Sommer um sechs Uhr
begann, im Winter um sieben Uhr. Am Sonntag war strikte
Teilnahmepflicht vorgeschrieben, auch für die auswärtigen
Schüler. Falls beim Verlesen der Anwesenheitsliste einer fehlte,
drohte ihm die härteste Rutenstrafe.

Es verwundert nicht, dass der Pfarrer die Liste der städtischen
Honoratioren anführte, denen die Schüler besondere
Achtung entgegenbringen mussten. Erst nach ihm folgten die
Adligen, Ratsherren, Lehrer und sonstige angesehene Männer
und Frauen der Stadt. Wenn die Schüler diesen Personen auf
der Straße begegneten, hatten sie die Mütze abzunehmen und
ehrerbietig zu grüßen. (§ 3)

Die Schüler waren in zwei Leistungsgruppen eingestuft, die
wiederum auf zwei Klassen verteilt wurden. Das erforderte entsprechendes
Lehrpersonal. Sopher spricht von einem Lehrer
(praeceptor) und seinem Hilfslehrer (hypodidascalus).

Das Lehrer-Schüler-Verhältnis wird in mehreren Anläufen
thematisiert. Sopher beruft sich dabei auf Quintilian, den gefeierten
römischen Lehrer der Rhetorik, der seine Lehrerfahrungen
in der Schrift „Über die Ausbildung zur Beredsamkeit"
zusammengefasst hat und mit seinem Programm bis in die
Neuzeit hinein wirkte: Ziel war die sprachliche Ausdrucksfähigkeit
, sie war die Grundlage der Bildung. Von den ersten Erziehungsmaßnahmen
bis zum Schulstoff und dessen Verteilung
auf die entsprechenden Altersstufen erörterte Quintilian
alles, was dem Endziel eines gebildeten Menschen förderlich
war. Dieses Modell galt Sopher als Richtschnur. Für ihn war der
Lehrer der geistige Vater des Schülers. Gegenseitige Zuwendung
war deshalb eine Selbstverständlichkeit. Sopher erwartete von
seinen „über alles geliebten Schülern", dass sie sich nur lobend
über ihren Lehrer äußern sollten.

Der Schulalltag begann pünktlich im Sommer um fünf Uhr,
im Winter eine Stunde später, und zwar mit dem Lied „Komm
heiliger Geist". Die beiden unteren Klassen durften noch eine
Stunde länger im Bett bleiben. Wer zu spät zum Unterricht
kam, spürte die Rute. Einem Teil der Schüler bot der Lehrer
auch Unterkunft an. Nur so ist zu verstehen, dass auch das


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