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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 503
(PDF, 98 MB)
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Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten - die mutigen Frauen vom Stollengrund 503

Der Fremdarbeiter Mikolaj Murowicki (14.4.1917 bis 5.4.1994)

Als die Mutter 1940 hörte, Fremdarbeiter aus Polen kämen zur
Unterstützung der Bauern nach Nordrach, meldete sie sich
beim Bürgermeisteramt und bat um Zuweisung eines Arbeiters.

Im Oktober 1940, fast zeitgleich mit der Einberufung ihres
Sohnes Wilhelm zur Wehrmacht und damit zum Kriegsdienst,
kam der damals 23-jährige Pole Mikolaj Murowicki auf den Hof.

Er war als polnischer Soldat gefangen genommen und in ein
Gefangenenlager in Wildberg, in der Nähe von Calw im Nordschwarzwald
, gebracht worden. Dort hatte er angegeben, er sei
Wald- und Landarbeiter, und hatte erreicht, dass er zur Arbeit
in der Landwirtschaft eingeteilt wurde.2

Mit verschiedenen Unterlagen bekam er auch ein Merkblatt,
in welchem einleitend versprochen wurde:

„Arbeiterl Die Deutsche Wehrmacht hat euch von dem Terror
Stalins und dem der bolschewistischen jüdischen Kommissare
befreit Die Bolschewisten haben, wo sie nur irgend konnten, Eure
Fabriken zerstört, sie haben die Lebensmittel vernichtet, Eure
Höfe und Wohnungen verbrannt, sie haben Euch die Grundlagen
Eures Lebens genommen. Deutschland kann und will Euch
helfen! In Deutschland bekommt Ihr Arbeit und Brot, wir sichern
Euch eine anständige, gerechte und menschliche Behandlung zu,
wenn Ihr sorgfältig und fleißig arbeitet und Euch einwandfrei
führt

Mit Mikolajs Ankunft bekam auch die Bäuerin Birk amtliche
Papiere, allerdings mit einer ganz anderen Botschaft. Aus
einem Merkblatt ging hervor, dass die polnischen Arbeitskräfte
„fremdrassig und minderwertig" seien, denen die Deutschen in
jeder Hinsicht überlegen wären. Neben vielen Warnungen vor
den Polen wird in einem Merkblatt unter dem Aufruf: „Haltet
das Deutsche Blut reinl" ausgeführt:

„So wie es als größte Schande gilt, sich mit einem Juden einzulassen
, so versündigt sich jeder Deutsche, der mit einem Polen oder
einer Polin intime Beziehungen unterhält Verachtet die tierische
Triebhaftigkeit dieser Rassel Seid rassenbewusst und schützt eure
Kinder. Ihr verliert sonst euer höchstes Gut: eure Ehre}

Für den Alltag der Fremdarbeiter galten rigide Regeln, die im
sogenannten Polenerlass der Reichsregierung festgelegt wurden
. Sie wurden auf kommunaler Ebene mehrfach wiederholt
und konkretisiert:5

1

Abb. 3: Mikolaj
Murowicki als
polnischer Soldat
1938.

- Aufenthaltszwang - das Verlassen des Arbeitsortes war
streng verboten;


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