Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 509
(PDF, 98 MB)
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Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten - die mutigen Frauen vom Stollengrund CQQ

einiger Zeit wies die Bäuerin Mikolaj an, den Hund loszulassen.
Man würde dann sehen, was draußen los sei. Es gab Geschrei
von einer Gruppe mit drei Männern, die nun auf den Hof
kamen. Sie hatten hellbraune Uniformen und hohe Stiefel an:
Es war die „Landwache". Mit dabei war auch Erwin Spitzmüller
, der Bruder des Bürgermeisters Ludwig Spitzmüller. Er hat
fürchterlich geschimpft, geflucht und behauptet, der Pole habe
den Hund auf ihn gehetzt. Er drohte mit scharfer Bestrafung.
Die Bäuerin stellte sich vor Mikolaj und machte energisch klar,
sie habe veranlasst, den Hund loszulassen. Spitzmüller wurde
so wütend, dass er seinen Stock auf ihrem Tisch vor Wut kaputt
geschlagen hat. Murowicki sorgte dafür, dass sich dieses zerstörte
Objekt als Zeugnis zügelloser Aggression der angeblichen
Ordnungshüter noch lange im Hause befand.

So hatte die Familie Birk eine Kuh mehr im Stall, als sie
beim Bürgermeisteramt angemeldet hatten. Wenn jemand auf
den Hof kam, wurde diese Kuh im Wald versteckt und eines der
Kinder musste bei ihr sein. Als einmal die Männer der Landwache
nahten, verkroch sich Lydia Birk eilig mit der Kuh im
Wald. Aus ihrem Versteck sah sie nach einiger Zeit die drei
uniformierten Männer vom Hof in ihre Richtung kommen.
Was tun? Lydia kannte die Kuh gut und wusste, dass sie es gern
hatte, wenn man sie am Bauch streichelte. Damit sie ja keinen
Laut von sich gab, kraulte sie deshalb den Kuhbauch. Plötzlich
lachten die drei Männer laut auf, das Mädchen bekam einen
Schreck und erstarrte vor Furcht. Sie bildete sich ein, sie sei
entdeckt worden und die Uniformierten würden sie wegen
ihrer Hilflosigkeit auslachen. Und dann bestrafen.

Offenbar haben viele der bäuerlichen Familien, bei denen
Fremdarbeiter tätig waren, die demütigenden Regelungen für
diese Arbeiter und Arbeiterinnen nicht oder nur sehr locker
befolgt. Die von den Nationalsozialisten gleichgestellten Verwaltungen
haben jedenfalls in vielen Schreiben aus Berlin und
den Kommunalbehörden immer wieder von den Bürgermeistern
schärfere Kontrollen gefordert und Strafen, auch für die
deutschen Arbeitgeber, bei Nichtbefolgung der Vorschriften
angedroht. Dabei handelte es sich nicht nur um leere Drohungen
, Strafen wurden auch vollzogen. In Schiltach, das wie
Nordrach zum Einzugsbereich der Geheimen Staatspolizei
(Gestapo) Offenburg gehörte, wurde am 14. Januar 1942 der
27-jährige Pole Bernard Perzynski erhängt. Ihm wurde zur Last
gelegt, er habe ein Liebesverhältnis mit einer jungen deutschen
Frau gehabt, die im gleichen Betrieb eingesetzt gewesen war.
Die in Schiltach beschäftigten Zwangsarbeiter mussten zur
Abschreckung bei der Erhängung anwesend sein.12


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