Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 513
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Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten - die mutigen Frauen vom Stollengrund

gründen, die Anwesenheit dieses Mannes verschwiegen. Man
hat ihn heimlich mit Nahrungsmitteln versorgt. Nachts ist er
herausgekommen und hat sogar manchmal auf dem Feld gearbeitet
. Dieser gefährliche Zustand dauerte mehrere Monate.
Uniformierte waren in dieser Zeit mehrfach auf dem Hof und
haben nach dem Fahnenflüchtigen gesucht, der ihnen entkommen
war. Die Familie war in ständiger Angst, er könne bei den
Nachforschungen entdeckt werden. Nicht auszudenken, was
dann mit der Mutter passiert wäre, denn sie hätte nicht noch
einmal angeben können, nichts von der Anwesenheit eines
Deserteurs auf dem Hofe gewusst zu haben. Aber er blieb in
den letzten Kriegswirren, die zunehmend auch den Stollengrund
erreichten, von den Nationalsozialisten und ihren Sympathisanten
unentdeckt.

Kriegsende

In diesen letzten Wochen des Krieges irrten immer wieder
flüchtende deutsche Soldaten durch den Stollengrund, meist in
einem elenden, bejammernswerten Zustand. Sie baten um
Hilfe, um etwas zu essen - keiner wurde von den Frauen abgewiesen
. Sie halfen, wo sie konnten. Franziska Birk beschloss
sogar, ein Schwein schlachten zu lassen, damit man weiter mit
Essen aushelfen könne. Die Tochter Lydia beobachtete einmal,
wie ein Soldat zur ihrer Mutter sagte, er sei aus dem benachbarten
Bad Peterstal, er traue sich aber nicht in Uniform als deutscher
Soldat nach Hause. Er befürchtete sowohl als Fahnenflüchtiger
wie als Feind bestraft zu werden. Ohne zu zögern gab
ihm die Mutter Hose und Jacke ihres gefallenen Sohnes Wilhelm
, drückte ihm eine Hacke in die Hand, damit er sich als
ziviler Waldarbeiter ausgeben und sich so nach Hause durchschlagen
konnte. Auch dies war Beihilfe zur Fahnenflucht und
wäre, falls es den bis zum Schluss fanatisierten Nationalsozialisten
bekannt geworden wäre, hart bestraft worden.

Die Mutter und die Großmutter hatten zu dieser Zeit allerdings
auch große Sorgen um die Töchter wegen der Soldaten,
die auf ihrem Rückzug und der Flucht vorbeikamen und auf
dem Hof Halt machten. Wenn die jungen Frauen sich mit den
Soldaten unterhielten, saß die Oma immer hartnäckig dabei.
Auch wenn Laub aus dem Wald benötigt wurde, das man anstelle
von Stroh als Streu im Stall nutzte, hat ihnen die Oma
verboten, alleine in den Wald zu gehen, vor allem wenn Soldaten
in der Nähe waren.

Das Ende des Krieges erlebten die Nordracher am 19. April
1945 mit dem Einzug der französischen Soldaten, darunter Ma-


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