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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 29
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2015/0030
Hexenprozesse: Ursachen und Verfahrensgrundsätze

den Gerichten der Christen 0 schuf er
die theoretischen Voraussetzungen für
die Abschaffung der Folter.

Dabei hatte es auch bei Thomasius
angefangen wie so oft. Ein knapp vierzigjähriger
Jurist, befangen im Glauben
an die alten, immer wieder zitierten
Autoritäten und unerfahren in Hexensachen
, wird in das Spruchkollegium
seiner Fakultät berufen. Wie schon
zwei Juristengenerationen vor ihm war
auch er geprägt von dem Strafrechtsund
Prozesslehrbuch des Benedict Car-
pzov11, der strafrechtlichen Autorität
jener Zeit. Auch Thomasius bekannte,
so sehr sei er von dem, was er „in Car-
pzovio" gelesen, überzeugt, „daß ich
mich darüber hätte todt schlagen lassen
".12 Nun war Thomasius selbst dem
erlegen, wovor er seine Studenten in der Vorlesung „Über die
Vorurteile" immer gewarnt hatte: Blinder Autoritätsgläubigkeit
und kritikloser Übernahme der „herrschenden Meinungen".

Der Fall der Barbara Labarenz wurde für ihn zum Beginn
eines neuen Denkens. „Djser gegenwärtige casus wurde anno
1694 in unsere Facultät geschickt und ich war damahls mit
der gemeinen Meinung von den Hexen-Wesen so eingenommen
, daß ich selbst dafür geschworen hätte, die in des Carpzovii
praxi criminali befindliche Aussagungen der armen gemarterten
... Hexen bewiesen den mit den armen Leuten pacta machenden
, und mit den Menschen buhlenden, auch mit den Hexen
Elben zeugenden, und sie durch die Lufft auff den Blockersberg
führenden Teufel überflüssig, und könnte kein vernünfftiger
Mensch an der Wahrheit dieses Vorgebens zweiffein."13 Die Indizien
ließen Thomasius, so war er überzeugt, kaum Ermessensspielraum
. Nach gründlichem Aktenstudium, so berichtet er
weiter, „bemühete ich mich zur Abfassung meines voti des Carpzovii
Criminalia, ingleichen den Malleum maleficarum, Tor-
reblancam14, Bodinum15, Delrico [sie] 16 und was ich für Autores
de Magia mehr in meiner wenigen Bibliothec antraff." Allesamt
also Befürworter der Prozesse und nichts zu lesen etwa von Johann
Weyer, der mit seiner Schrift „De praestigiis Daemonum"
(1563) früh für das Ende der Prozesse eintrat. Lediglich Bodin,
der ihn natürlich zu widerlegen suchte, führt ihn als Jean Wier
sogar im Titel seines Buches auf. Nichts zu lesen von Spees Cau-
tio oder von Hermann Löher, dem ehemaligen Bürgermeister

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Benedict Carpzow
sprach die Richter in
Hexenprozessen von
ihrer sonstigen Verpflichtung frei, sich gewissenhaft
an die Verfahrensregeln halten zu müssen.
Damit schuf er die juristische Rechtfertigung für
die theologische Forderung von Henricus Institoris
aus dem „Malleus maleficarum". Der Prozeß solle
„summarisch, einfach und ohne Umstände, ohne
viel Aufhebens seitens der Advocaten und Richter,
und ohne Formalitäten" geführt werden.


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