Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 156
(PDF, 94 MB)
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156

Hans Harter

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„Ein wunderbarlich
erschrockenlich hande-
lunge ..." - Titel der
zweiten Flugschrift
(Leipzig 1533). -
Vorlage: Staatsbibliothek
zu Berlin:
Flugschr. 1533-3

bringt, zumal, wenn sie sich mit einer Verschwörungstheorie
verbindet („raffinierte Täuschung als Verbrechensvariante"),
für die es keine Hinweise gibt.19 Auch helfen allgemeine Erwägungen
wie, dass „Macht verführbar macht" oder „der Mächtige
" vor Klatsch „zittert", nicht weiter.20 Ebensowenig das Zitieren
von Vorurteilen, die dann als Beweise genommen werden
: Dass Wirte generell die Prostitution unterstützten, Hehler
waren und Auftragsdelikte wie Brandstiftung begingen, um
dies dem Schernle zu unterstellen, nach dem Motto: „Wir wissen
nicht, ob unser Wirt auch in diesem Geschäft mitmischte,
doch ..."21 Dazu kommen Spekulationen („könnte es sein, dass
...?"), um sich für eine zu entscheiden („ist denkbar"), die dann
Bausteine der weiteren Argumentation werden.22

Bedenklich erscheint auch der Umgang mit den Quellen,
besonders den Flugschriften, deren gattungstypischer Charakter
als „Neue Zeitungen" nicht berücksichtigt wird. Sie sind nur
bedingt historische, sondern literarische Texte, und als solche
keine Produkte eines der Wahrheit verpflichteten, neuzeitlichen
Journalismus.23 Auch wenn sie ihre „Wahrhaftigkeit" betonen
, geht es ihnen weniger um einen faktenorientierten Bericht
, sondern um Erschrecken, Sensation, Exempel für das
Wirken des Bösen und Läuterung zum Guten. Weil die erste
Flugschrift zeit- und ortsnah entstanden ist und zur Bekräftigung
ihrer „Wahrheit" einen „actum zu Schiltach"-Vermerk
hat, kann sie nicht zur „offiziellen amtlichen Verlautbarung"
erklärt werden, mit dem Schultheiß und Pfarrer als „verantwortlichen
Autoren".24 Dass die zweite Flugschrift die „Recherche
eines Journalisten mit hoher Glaubwürdigkeit" darstellt,
die „offen und exakt" berichtet, ist gleichfalls bloße Behauptung
.25 Sie dann mit der ersten zu vergleichen, um diese als
bewusste Irreführung zu entlarven („in wesentlichen Punkten
gelogen"26), ist quellenkritisch nicht gerechtfertigt. Ebensowenig
die Schlussfolgerung, ihrem vermeintlichen Verfasser
Schernle auf diese Weise die Glaubwürdigkeit ab- und jede
Schandtat zuzusprechen,27 um ihn so zum „Haupttäter" zu
machen: Der aus vermeintlicher persönlicher Demütigung das
ihm anvertraute Gemeinwesen in Schutt und Asche gelegt hat.

Romanhafte Züge nehmen die den Akteuren zugelegten
Charaktere an,28 und wenig glaubhaft ist auch die Deutung
von Schernies Helfern als „führende Elite Schiltachs", denen
der Spukteufel „die Maske vom Gesicht zieht", sodass sie darauf
drängen, die Magd laufen zu lassen. Wie ist zu beweisen, dass
die „Schiltacher Führung aus gewöhnlichen Kriminellen" bestand
und das Bild einer „scheinheiligen und devoten, moralisch
verkommenen Obrigkeit" gibt?29 Rumorte es in der Bevöl-


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