Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 407
(PDF, 94 MB)
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Vater Pazifist, Sohn Frontkämpfer - das schwierige Verhältnis von Adolf und Brandel Geck 407

burglinie und damit unmittelbares Frontgebiet, seine Bewohner
evakuiert. Nach der Evakuierung wurde die Stadt de facto
zur Plünderung freigegeben. Brandel Geck litt unter den dabei
vorkommenden „Orgien ... sadistischer Rohheit", die vor
nichts und niemandem Halt machten. Privathäuser, aber auch
Museen, Kunstgalerien und Archive wurden systematisch
durch deutsche Truppen geplündert, deren Bestände entwendet
oder zerstört und deren Gebäude danach in Brand gesetzt.
Seine Verzweiflung und seine Abscheu vor dem Tier im Menschen
ist förmlich mit Händen zu greifen, wenn er - wohl offensichtlich
um der Briefzensur zu entgehen - Teile seines Berichts
an seine Mutter in Französisch schreibt: (Übersetzt)
„Dass wir von den Russen in Ostpreußen sprechen. Die Soldaten
amüsieren sich ... von der Balustrade der Theaterloge in
den Orchestergraben zu scheißen, soll mir einer sagen, wozu
das nötig ist. Museen und Galerien anzuzünden, nachdem
man deren Pretiosen und teuren Gemälde gestohlen hat, damit
der Diebstahl nicht bemerkt werde." Dem unauslöschlichen
Schandfleck auf der deutschen Kultur, der Brandeis „Anschauungen
vom idealen Grundgedanken der Kriegsnotwendigkeit
von Grund auf" revidierte, setzte er insofern individuellen
Widerstand entgegen, als er begann, „einige Sachen und Bücher
, die mir wertvoll erscheinen, aus den Leichenhaufen zu
bergen und zurückzuschicken, damit sie nicht dem allgemeinen
Untergang verfallen".26

Wir wissen nicht, was er alles nach Offenburg geschickt hat.
Im Nachlass der Familie Geck, der sich im Generallandesarchiv
in Karlsruhe befindet, wurden jedenfalls bei dessen Erschließung
in den 1990er Jahren einige Urkunden aus dem Stadtarchiv
von St. Quentin entdeckt sowie Teile der mittelalterlichen
Fensterverglasung der Kathedrale, die als kleine Geste der Versöhnung
und Wiedergutmachung im Jahre 1998 offiziell an
die Stadt zurückgegeben worden sind.27

Der Krieg, in den er 1914 so voller Euphorie gezogen war,
entpuppte sich spätestens Mitte 1917 für ihn als sinnloses und
ungerechtes Unterfangen. Als Pflichtverteidiger in Kriegsgerichtsprozessen
musste er sich mit zahlreichen Befehlsverweigerungen
einfacher Soldaten auseinandersetzen. Diese „Aufgabe
, woran man ungeteilt sein ganzes Können setzen darf,
ohne unter den hiesigen Verhältnissen zu leiden", nahm ihn
gefangen. Wenn es ihm gelang, für die Befehlsverweigerer eine
Gefängnisstrafe herauszuhandeln und damit deren Überlebenschance
zu erhöhen, war es für ihn „ein Segen". Gleichzeitig
bekam er bei diesen Verhandlungen tieferen Einblick in die
Gemütslage der einfachen Soldaten auf der einen Seite, in die


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