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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1981-1_2/0024
Eine Tiroler Weihnachtskrippe in der Stadtpfarrkirche
St. Laurentius

Die Kenzinger Weihnachtskrippe von Peter Valentin gehört jener Traditionskette an, deren Herkommen
weitläufig, schwer zu durchschauen und keineswegs auf einen einzigen Quellraum
zurückzuführen ist. Die Mysterienspiele, das deutsche Spiel von den Drei Königen, das Kindelein-
Wiegen, die Visionen der Nonnen vom Kindlein Jesu, ihre Sehnsucht, sich des Kindleins leibhaftig
anzunehmen und an seiner Kindheit teilzuhaben, all das mag die innerliche Welt, aus welcher die
Krippe herauswuchs, noch dichter und ausdrucksfähiger gemacht haben. Auch der gotische
Schnitzaltar ist beteiligt, der ja gleicherweise wie die Krippe in Szenenfolgen die Stationen des
Marienlebens und des Lebens Christi umfaßte. Die erste Weihnachtskrippe wurde 1562 in der
Jesuitenkirche in Prag aufgestellt.

Der heilige Franziskus errichtete schon 1223 im Walde von Greccio eine Presepe.

Wenn wir als Kinder während der Weihnachtszeit die im festlichen Lichterglanz unzähliger
Kerzen strahlende Kirche betraten, war unser erwartungsvoller Blick zuerst nach
jenem Ort gerichtet, wo die Krippe stand. Um alles richtig zu sehen, mußte man sich
unmittelbar davorstellen, so wie die Erwachsenen.

Auf dem Höhepunkt seines Schaffens, kurz nach dem 1. Weltkrieg, hat der aus Brixen in
Südtirol stammende und seit 1904 in Offenburg ansässige Bildhauer, Peter Valentin,
dieses Kunstwerk geschaffen. Die ganze Innigkeit und Wärme deutschen Gemüts zieht
wie eine pastorale Melodie durch diese bildnerische Darstellung. Die Gestalten sind
Menschen bäuerlicher, alpenländischer Herkunft. Das neugierig-andächtige Kinderpaar
hinter der Krippe erinnert an Hans Thoma. Im offenen Stalle liegt das göttliche
Kind, Maria hält die Windeln ausgebreitet, um es den suchenden Blicken der herbeieilenden
Hirten nicht länger zu verbergen. Die Komposition wirkt sehr geschlossen, ihre
Figuren in Gestik und Dynamik voller Lebendigkeit und überzeugendem Ausdruck.
Nur das heilige Paar strömt Kontemplation und Beschaulichkeit aus. Mit viel Liebe für
die Details hat der Künstler hier gewerkt und gebildet. Ob es der in seiner kreatürlichen
Geborgenheit guckende Ochse oder der nach Nahrung blökende Esel ist, überall ist die
Beseelung der Natur spürbar. Es picken die Hühner, die Schafe weiden, ein Frosch liegt
auf dem Rücken. Alles strebt bewußt oder unbewußt diesem nächtlichen Ereignis zu.
Auch der Blinde ahnt es. Ein Hirtenknabe führt seine Hand. Auf der rechten Seite verharren
die hohen Könige in ehrfürchtiger Haltung, ihre symbolischen Gaben darbringend
. Hoch oben, auf des Stalles Giebel herrscht freudige Ausgelassenheit. Dort tummeln
sich übermütige Putten.

Als ich in jungen Jahren die Werkstätte Meister Valentins in der Schwarzwaldstraße
besuchen durfte, war ich sehr fasziniert von den weiträumigen Ateliers und dem herrlichen
Garten. Überall standen oder lagen plastische Arbeiten und begonnene Aufträge,
die Valentin im ganzen Lande bekannt machten. Irgendwie spürte man den Einfluß

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