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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1982-2_4/0004
Was uns die Kirchenglocken sagen

1. Zur Geschichte der Glocken

Die Glocken läuten überall, und so auch in Kenzingen zu bestimmten Zeiten. Wir wollen
uns ein wenig damit beschäftigen mit ihrer Geschichte und mit ihrer Bedeutung.

Zunächst zur Geschichte. Es ist nicht selbstverständlich, daß es Glocken und Glockentürme
gibt. Wer die alten Kirchen in Rom oder in Ravenna kennt, der weiß, daß das
abendländische Altertum auch in den größten Kirchen keine Glocken und darum auch
keine Glockentürme hat.

Die Glocken sind wohl zuerst in Asien, wahrscheinlich in China, entwickelt worden. Sie
kamen dann über Vorderasien in den mittelmeerischen Raum, aber auch nach Rußland,
dem ehedem glockenreichsten Land der Erde. Und schließlich zu den Kelten, nach Skandinavien
, England, Schottland und Irland. In Deutschland findet man sie am frühesten
in Benediktinerklöstern. Und die erste gegossene Kirchenglocke ist wahrscheinlich die
Lullus-Glocke in Herfeld von 1049.

Die Kenzinger Glocken haben also eine lange Vorgeschichte, die von den östlichen Ländern
in nördliche Länder führt und zuletzt um die Jahrtausendwende nach Deutschland
kam und schließlich auch nach Kenzingen führt.

2. Was wollen uns nun diese Glocken sagen ?

Die größte Kenzinger Glocke von 1680 und die 12.00 Uhr-Glocke und die Agatha-
Glocke, die man um 11.00 Uhr zu läuten pflegt, und das Silberglöcklein und die anderen
Kenzinger Glocken, mit ihrem teils dunklen und teils hellen Klang und besonders mit ihrem
melodischen Zusammenklang?

Sie wollen sagen: Auch euer Leben sollte gut klingen und zusammenklingen mit dem Leben
der anderen. Und sie rufen vor allem zu Gottes Lob. Wir können uns, was dies betrifft
, gut an die Aufschrift der großen Glocke in Kenzingen halten.

Sie trägt die Inschrift: »Laudo Deum verum«. Ihr voller und tiefer Klang erklingt demnach
zum Lobe Gottes, aber auch dazu, uns zum Lobe Gottes einzuladen. Darum gehen
wir in der Inschrift dieser Glocke weiter. »Plebem, voco«. Der Klang will also uns,
das Volk, immer wieder zu bestimmten Zeiten zum Gebet zusammenrufen. Und dazu gehört
auch die Fortsetzung: »Convoco clerum«, ich rufe den Clerus zusammen. Die
Glocke ruft uns also mit ihrem feierlichen Klang zusammen zu einer lebendigen Gemeinschaft
von Volk und Klerus.

Und dann lesen wir: »Defunctos ploro«, ich beweine die Toten. Die Glocke ruft uns also
zur Feier der Toten zusammen. Sie tönt dabei so feierlich, als wollte sie uns sagen: Glaubet
daran, daß die Toten ein großes Fest der Gemeinschaft mit Gott und den Engeln und
Heiligen haben.

Und dann heißt es: »Pestem fugo«, ich vertreibe die Pest. Es wird wohl heute niemand
glauben, die Glocken könnten diese Krankheit vertreiben. Wohl aber wollen sie uns zurufen
: Vermeidet und fliehet wie die Pest das Böse, das Mißtrauische und alles Lieblose
und vieles dieser Art.

An einer alten Glocke, die nicht in Kenzingen hängt, die aber gut zu der Kenzinger
Glocke paßt, lesen wir darüber hinaus »Fulgura frango«, ich zerbreche den Blitz und die
Gewitter. Tatsächlich hat man diese Glocke bei Gewittern geläutet. Heute glaubt wohl
niemand mehr, die Glocke könne mit ihrem Klang die Wetter und Unwetter brechen.

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