Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 79
(PDF, 33 MB)
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Baden in der Elz

Baden ist ein Bedürfnis des Menschen und zugleich eine Notwendigkeit für ihn; es dient nicht nur der
Abkühlung und dem Vergnügen, vielmehr der Körperpflege und somit der Gesundheit. Gebadet haben
die Menschen, wo Wasser vorhanden war: in Bächen, Flüssen und Seen. Es war immer schon natürlich
, sich an schwülen Tagen im kühlen Naß zu erholen. Aber auf einmal wurde das Baden ein Problem
, auch in Kenzingen.

In einem Schreiben vom 1. Juli 1820 macht das »Großherzoglich - Badische Dechanat und
Stadtpfarramt Kenzingen« auf die Badesitten folgendermaßen aufmerksam:
»Man muß mit tiefem Bedauern vernehmen, daß die sodomitische Scheußlichkeit des nackten und öffentlichen
Badens im hellen Strahle des Tages, an mehreren Stellen des Elzflusses, auch diesen Sommer
wieder erscheine, noch mehr, daß sogar in der Abenddämmerung Burschen und Mädchen vermischt
diese Abscheulichkeit treiben. Welch verheerendes Gift dies für die Sittlichkeit sei, und wie
schändlich es die Achtung der hiesigen Stadt im Urteile Fremder und Gebildeter beflecke, will ich hier
nicht entwickeln; sondern nur das Wohllöbl. Bürgermeisteramt auf diesen viehischen Greuel aufmerksam
machen und wohldasselbe dringendst auffordern, an schwülen Abenden und am Nachmittage
eines jeden Sonn- und Feiertages einen der hiesigen Polizeidiener gemessenst zu beordnen, daß er
am Elzfluß, und besonders in solchen Gegenden, die von der Brücke und der Landstraße oder anderen
gangbaren Wegen aus sichtbar sind, Nachforschungen halte, die betreffenden Wüstlinge, welche
die Menschen- und Christenwürde abgeschworen haben, verscheuche und die Widerspänstigen zur
unnachsichtlichen scharfen Stafe von Seiten des Großh. Stadtpfarramtes und des Wohllb. Bürgermeistersamtes
anzeige.«. Gezeichnet: Wild.

Schon fünf Jahre früher hatte das Großherzoglich-Badische -Directorium des Dreisamkreises
auch das Kenzinger Bürgermeisteramt aufgefordert, das Baden in der Elz nur an
bestimmten Plätzen, an einem bestimmten Tag und Tageszeit und unter Aufsicht eines
»verständigen Mannes« zu erlauben. Jeder dagegen Handelnde werde mit einer Geldstrafe
, einer körperlichen oder zweitägigen Eintürmungsstrafe belegt. Der Fall des Seilergesellen
Ettlin belegt, daß diese Verordnung streng befolgt wurde. Er rettete nämlich am 31.
August 1820 seinen Kollegen Saitz vor dem Ertrinken. Die gesetzliche Belohnung erhielt er
aber nicht, »weil beide Gesellen gegen Polizey und Ordnung nahe bei der Stadt gebadet, also
schon gegen die Ordnung gehandelt haben«.

Der Gemeinderat von Kenzingen hatte scheinbar mit den »Widerspenstigen« viel zu schaffen
, deshalb erließ er am 18. Juli 1924 eine neue Verfügung:

1. Den Sonn- und Werktagsschülern wird das Baden durchaus und bei körperlicher Züchtigung
verboten, und das Baden ihnen nur in dem Falle gestattet, wenn solches an einem
rechten Orte unter Aufsicht der Eltern geschieht. Es versteht sich jedoch auch hier
von selbst, daß keine Sonntags- und Werktagsschüler von verschiedenem Geschlecht
beisammen baden dürfen.

2. Den ledigen Weiblichen, welche sich Wasser zum Baden in das Haus tragen und sich
dort ohne Verletzung des Anstandes und der Sittlichkeit baden können, wird das Baden
im Freien untersagt; ebenso ist auch den erwachsenen Mannsbildern das Baden in der
Nähe des Ortes und an Plätzen, die gewöhnlich von vorübergehenden Leuten besucht
werden, verboten.

Ein Erlaß des Großh. Ministeriums des Inneren vom 8. August 1815 besagte, daß zum Baden
in Flüssen und Bächen von der Polizeibehörde alljährlich, so oft die Badezeit einträte,
bequeme und gefahrlose Plätze außerhalb des Ortes, entfernt von Straßen und öffentlichen
Plätzen durch Abstocken mit Pfählen bezeichnet und öffentlich verkündet werden
sollten. Der Bürgermeister von Kenzingen wurde am 27. Juli 1845 gerügt, weil er die Bestimmungen
dieser Verordnung nicht erfüllt hatte. Seine Entschuldigung mit der Heuernte
reichte nicht aus, er bekam den Auftrag, binnen dreier Tage diese allgemein polizeiliche
Maßnahme durchzuführen.

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