Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 120
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1984-4/0122
den wurden. Gerhard Rieder machte mich auf das im Dach verborgene alte Fenster aufmerksam und
Pfarrer Gerhard Heil half mir bei der klettertechnischen Bewältigung des Auf- und Einstiegs über die
Gerüste ins offene Dach. Ich danke auch für die Hinweise zur rechten Zeit auf Merkwürdigkeiten am
Bau, so die Nischen in den Schiffseitenwänden über der barocken Decke, die sich als Lager der got.
Gewölbekragsteine erwiesen. Daraus konnten für die Rekonstruktion wichtige Erkenntnisse gezogen
werden.

Es ist bedauerlich - nachdem die vorzügliche architektonische Schönheit und Einheit der ehemaligen
gotischen Pfarrkirche feststeht, daß der Barock Einzug hielt. Er war Mode, hatte aber auch seine Berechtigung
. Mehr Weite und Licht sollte ein neues Lebensgefühl, einen neuen weltoffeneren religiösen
Geist erwecken. Geistlichen und behäbigen Bürgern war zu jener Zeit die Gotik ohnehin zu nüchtern,
zu streng, geistig und charakterlich zu anspruchsvoll - sie wollten fast um jeden Preis, den »sich selbst
tragenden«, heiter schwebenden, schwungvoll fröhlichen Barock - Heiterkeit auch in der Kirche! Irgendwo
war Geld vorhanden oder man überlegte sich, wie es zu bekommen war. Ich vermute gewiß
nicht zu Unrecht, daß damals die kostbaren Glasmalereien im Chor dafür herhalten mußten, den Barock
einzubauen. In Freiburg war man natürlich heilfroh, für den Ersatz verlorengegangener Fenster
ausgezeichnete Originale derselben Entstehungszeit zu bekommen. Der Ausbau ging schnell über die
Bühne, man wollte ja auch im Chor mehr Helligkeit, »also was solls?« - Es war ein »gutes« Geschäft
dabei, die Scheiben wurden hoch bezahlt. Der Barockbaumeister hatte den Handel vielleicht selber
angebahnt - um in Kenzingen zum Zuge zu kommen. So verlor die Kirche ihren kostbarsten Schatz ! -
Ich glaube nicht, daß er bei einer Feuerbrunst oder durch Hagelschlg zugrunde gegangen ist, er kann
dabei beschädigt worden sein, im Wesentlichen blieb er erhalten (wofür auch das unbeschädigte
Steinmaßwerk zeugt), denn der Friedhof um die Kirche war stets eine schützende Zone. Es wurden
dann beinahe glasklare Scheiben (lange vor den jetzigen) auch im Chor eingesetzt. Die »Heiterkeit«
vertrieb allen mittelalterlichen Ernst. Der Barock zerstörte die herrliche architektonische Geschlossenheit
und die Atmosphäre der gotischen Kirche, schnitt mit der flachen Decke den Triumphbogen
oben weg, amputierte den Einblick in die Gewölbezone. Aber eines muß man dem Barockbaumeister
und seinen Künstlern zugutehalten - oder irgend einer vernünftigen Stimme - daß sie es nicht wagten,
an der baulichen Substanz des ehrwürdigen Chores der Stadtkirche irgend etwas zu verändern!
Falls kein Weihedatum in den kirchlichen Akten festgehalten ist, möchte ich vorläufig das Jahr 1331
vorschlagen, weil der Bischof von Konstanz, Rudolf von Montfort, in diesem Jahr vor Colmar weilte.
Die Weihe konnte stellvertretend auch der Bischof von Straßburg schon zu einem früheren Datum
vorgenommen haben. Genaues will noch erforscht sein.

Sasbach.den 15. Mai 1984

Verzeichnis der benutzten Literatur ist einer nachfolgenden wissenschaftlich begründeten Publikation
vorbehalten. Aus privaten Forschungen zur Kunstgeschichte, Geschichte und Kultur des Breisgaus
und eigenem Archiv.

W. Schneebeli

Die Winzermadonna von Altenkenzingen

W. Schneebeli

Ein glücklicher Umstand - die Renovierung der Stadt-Pfarrkirche Kenzingen - will es, daß die
Madonna mit Kind, welche während den vergangenen zwei Jahren vom Hochaltar auf die Kirchenbesucher
heruntergeschaut hat, ins Pfarrhaus genommen wurde und dort genauer betrachtet, untersucht
und gedeutet werden konnte. Es handelt sich hierbei um die ältere in Holz geschnitzte Madonna
vom 1. Drittel des 15. Jahrhunderts, im Gegensatz zu einer jüngeren, vom letzten Jahrzehnt des 15.
Jh., welche ebenfalls ins Pfarrhaus verlegt wurde; diese ist farblich gefaßt, die hier beschriebene ist
abgelaugt worden.

Es ist wahrhaft schon ein paar Jahrhunderte her, daß die Bürger und auch die Geistlichkeit
wußten, weshalb und wofür diese Muttergottes geschnitzt worden war, welche innere Bedeutung sie
als Künstwerk und für den Menschen besaß.

Selbst die Kunstgeschichte, die einiges über diese Kenzinger Madonna schrieb, war sich nicht
über ihren Sinn im klaren, wohl einigermaßen über ihren hohen künstlerischen Wert! Das Wesentliche
in Kürze wird im Katalog des Augustiner-Museums zur Ausstellung »Kunstepochen der Stadt Freiburg
« 1970 dargelegt, doch auch hier nur eine äußere Beschreibung des Werkes. Sie lautet: Mutter-

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