http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1985-5/0100
Schule und Gemeinde
— ein historischer Lebensraum
Der eine oder andere Leser dieser Zeilen wird an einem sonnigen Vormittag Gruppen von Schülern
gesehen haben, die auf Stufen hockend, an Mauern gelehnt und einem Radfahrer zum Erschrecken
mitten auf der Straßen sitzend, zaghaft versuchten, eine Impression mit dem Stift auf den Zeichenblock
zu bannen. Frauen mit dem Einkaufskorb am Arm blieben verwundert stehen, junge Leute erkannten
den einen oder anderen jungen »Städtemaler« und riefen ihm einen aufmunternden Spruch
zu, spendierten vielleicht sogar ein Eis. Dann erinnere ich mich an einen alten Herrn, der wohl seinen
Morgenspaziergang duch seine vertraute Altstadt machte, lange einem Schüler bei dessen Arbeit über
die Schulter schaute mit einem Lächeln, das weit zurückreichte in seine eigene Jugend, ein bißchen
Wehmut und Wohlwollen glitten hinein in die Erinnerung vom Gestern zum Heute.'
Abb. 1: Schülerarbeiten in Aquarell, Kreide, Tusche
Wie wach oder bewußt mag wohl das historische Denken bei einem 14jährigen Schüler
sein, der ein altes Gebäude, einen Winkel oder Straßenzug skizziert. Denkt er nur an die
erlernten Fakten über die Mittel der Perspektive, Maßstab, Form und statische Funktion?
Vielleicht helfen ihm die kunsthistorischen Betrachtungen im Fach Bildende Kunst, wenn
er sich in seine Arbeit im Freien versenkt, zu empfinden, was ein historisches Gebäude im
Vergleich zu einem modernen Wohnbau auszustrahlen vermag.
Dabei mag der zeitliche Abstand zwischen beiden Architekturbeispielen für ihn nicht kon-
98
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1985-5/0100