Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 160
(PDF, 52 MB)
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Die Ablösung der Herrenrechte in der Grundherrschaft Hecklingen

Zum Vermögen eines Grundherren gehörten neben dem Grund und Boden sowie den Gebäuden
auch die Rechte, die er gegenüber den Menschen in seinem Gebiet ausübte. In den
Beschreibungen einer Herrschaft, wie sie z.B. bei einer Vererbung oder einem Verkauf vorgenommen
wurden, sind deshalb neben den Grundstücken und Gebäulichkeiten auch die
Dienste und Abgaben aufgezählt, die der Herr von »seinen Leuten« zu fordern hatte.

Im Archiv der Grafen von Hennin, das vom Generallandesarchiv (GLA) in Karlsruhe
übernommen wurde, finden sich mehrere solcher Beschreibungen (Urbare) der Grundherrschaft
Hecklingen. In der Hauptsache werden darin, Jahrhunderte hindurch, die ursprünglichen
Darstellungen wörtlich genau beibehalten, die durch Neuerwerbungen oder
Verkäufe bedingten Änderungen sind selten.

Im Urbar von 1575 z.B. beschreibt ein Beauftragter der Herrschaft mit Zustimmung der
Gemeindevertreter Dero Gnaden Herrlichkeit, Oberkeit, Vogtei, hohe und niedere Gericht,
Gerechtigkeit, Dienstbarkeit, Renten, Zins und Gülten, erb- und unablösig, verbriefte und
unverbriefte, besetzte und unbesetzte Gefäll und Eintrag«. Im einzelnen werden an die zwei
Dutzend herrschaftlicher Forderungen genannt und behandelt: die allgemeinen Dienste
und Fronden, die »Frevel, Bußen und Einungen«, die jährliche Martinisteuer der Gemeinde
, der Eigenschilling der Leibeigenen und der Leib- oder Todfall. Es folgen die Zehnten,
das Umgeld, das Stichgeld und das Abzugsgeld, die Fastnachtshühner und die Reezhüh-
ner, der Trott- und Kelterwein. Unter »Zinsen und Gülten« werden die »ewigen unwieder-
lösigen Bodenzinsen an Geld«, in Getreide, Wein, »Kappen« (Kapaunen) und Hühnern
und die »verbrieften wiederlösigen Geldzinsen« aufgeführt. Nach Überzeugung der Herrschaft
, alles wohlerworbene, verbriefte Rechte, im Empfinden der Bevölkerung eine Fülle
von Lasten, die man nur zu gerne abgeschüttelt hätte.

Eine Befreiung aus diesem Untertanenverhältnis war erst möglich, als durch die Auswirkungen
der Französischen Revolution auch die politischen Verhältnisse in den deutschen
Territorien grundlegend verändert wurden.

Die Auflösung der Hecklinger Grundherrschaft begann mit der Gründung des Großherzogtums
Baden, die 1805/06 durch den Willen Napoleons erfolgte. Großherzog Carl
Friedrich sah es als eine vordringliche Aufgabe an, seinem aus verschiedenen Herrschaftsgebieten
gebildeten Staat eine einheitliche Rechtsordnung und Verwaltung und, als einigendes
Band, eine fortschrittliche Landständische Verfassung zu geben. Die alten Grundherrschaften
mußten darin wie Fremdkörper wirken, deren Beseitigung unabdingbar war;
andererseits konnte diese aber nur Schritt für Schritt vollzogen werden, und so verging
schließlich über ein halbes Jahrhundert, ehe die letzten Reste der Feudalherrschaft verschwunden
waren.

Der Aufbau der neuen Staatsordnung begann mit dem Erlaß mehrerer Konstitutions-
Edikte in den Jahren 1807 und 1808. Das dritte und vierte, beide vom 22. Juli 1807, regelten
die »künftigen staatsrechtlichen Verhältnisse« der Standes- und Grundherren und schufen
die Rechtsgrundlage für deren allmähliche Entmachtung. Die bisherigen »Herren« sahen
sich jetzt zu »Staatsbürgern« erklärt und verpflichtet, »dem souveränen Landesfürsten ...
getreu und gehorsam zu sein«. Sie behielten zwar noch eine Reihe von Vorrechten und den
Großteil ihrer Einnahmen, doch nur in dem Maße, als deren Genuß sich mit dem »obersten
Staatszweck« vereinbaren ließ.

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