Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 202
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1988-7-8/0204
Hecklingen Anno 1864

Das Jahr 1864 war ein bewegtes Jahr. In London gründete Karl Marx die erste Arbeiter-
Assoziation, in Genf entstand auf Initiative von Henri Dunant das »Rote Kreuz«, Österreich
und Preußen lagen mit Dänemark im Krieg. Abseits der großen Weltgeschichte
machte sich am 3. Dezember jenes Jahres ein unbekannter Volkszähler auf den Weg durch
das badische Dorf Hecklingen. Dem Hecklinger Ortsarchiv sind seine detaillierten Notizen
erhalten geblieben.

146 Gebäude, so weist der Bericht aus, standen damals in Hecklingen. Darunter sechs unbewohnte
Wohnhäuser und zehn sonstige unbewohnte Gebäude. Haushaltungen gab es
133, drei Gasthäuser hatte man bereits in den Akten verzeichnet, zwei davon waren von
ihren Besitzern verpachtet worden. Das Gasthaus »Bären« stand schon damals wie auch
heute noch im Eigentum der Familie Arnitz. 623 Einwohner hatte Hecklingen damals zu
verzeichnen, 202 waren unter, 421 über 14 Jahre alt. Gerade zehn Hecklinger bekannten
sich zum evangelischen Glauben, 613 waren katholisch.

Das Dorf unterteilte sich in die Straßen Unterdorf, Mittendorf, Thal, Gäßle, Außendorf
und Hinterdorf. Den Bezirk Kohler gab es noch nicht. Das neben der Kirche größte Gebäude
, das Schloß direkt unterhalb der Burgruine, war unbewohnt. Der Volkszähler erfaßte
auch die Besitzverhältnisse. Heute bewohnen noch 18 Familien die Häuser, in denen
schon 1864 ihre Vorfahren lebten. Der Volkszähler berichtet auch, daß in Hecklinger
Haushaltungen 22 Dienstmägde und acht Knechte beschäftigt waren. Bei zwei Gastwirten
standen je zwei Knechte in Diensten. In den Wirtschaften gab es viel Arbeit: Schuld daran
war der »Durchgangsverkehr«: Zumeist kamen die Reisenden mit der Postkutsche durch
den Ort. Der »Bären« verfügte über einen Gaststall, am Brunnen konnten die Pferde getränkt
werden.

Ihren Lebensunterhalt fristeten die meisten Hecklinger in der Landwirtschaft, daneben
gab es noch einige Taglöhner und Taglöhnerinnen. Das Handwerk hatte schon in diesen
Tagen einen goldenen Boden, jener Stand war besonders vielfältig und ausgeprägt: Im
Schatten der alten Ruine arbeiteten sechs Weber, fünf Schuster, drei Maurer, drei Zimmerleute
, zwei Bäcker, zwei Schneider, zwei Gärtner, dazu je ein Wagner und Schmied,
nebst einem Hechler und Gehilfen. Der Hechler hatte dafür Sorge zu tragen, daß der
Flachs gereinigt wurde und dann zu Garn gesponnen werden konnte.

Neben den Bauern und Handwerkern lebten im Dorf auch noch ein Polizei- und Ratsdiener
, eine Hebamme, Waldhüter, Straßenwart, Handelsmann, Kaufmann sowie Bürstenhändler
und eine Bürstenhändlerin. Die Genauigkeit des Volkszählers erfaßte auch zwei
Taubstumme, die sich mit Stricken und Nähen beschäftigten, einen Blinden, der betteln
gehen mußte, sowie eine kranke Person, die von einer »Abwärterin«, einem Mitglied ihrer
Familie, gepflegt wurde.

Joachim Röderer

Quelle: Ortsarchiv Hecklingen
Archivarbeit: Mathilde Röderer

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