Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 211
(PDF, 67 MB)
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liehe kriegerische Auswirkungen hatte aber der »Sitzkrieg« des Winters 1939/40 in unserem
Gebiet nicht. Ab Mai 1940 war die bis dahin trotz der bisherigen Ruhe nicht ungefährliche
Front für unser Gebiet rasch in weite Ferne gerückt.

Einen Ansturm auf die Geldinstitute gab es diesmal nicht, zumindest nicht in dem Maße,
wie dies zu Beginn des I. Weltkrieges der Fall war.

Außerdem verlief - wiederum im Gegensatz zum I. Weltkrieg - die Kriegsfinanzierung jetzt
nicht so lautstark. Es wurde nicht, mit großem Propagandaaufwand, jedermann zur Zeichnung
von Kriegsanleihen aufgerufen. Vielmehr wandte sich der Staat - der Begriff »Kriegsanleihe
« wurde dabei nie verwendet - insbesondere an die Kreditinstitute zwecks Zeichnung
von Reichsanleihen, und dies mit Erfolg. Wie im Verlauf des I. Weltkrieges nahmen die
Spareinlagen zu. Was sollten die Leute auch anderes anfangen mit ihrem Geld. Lebensmittel
und andere lebensnotwendige Güter waren streng bewirtschaftet, und darüber hinaus
gab es nichts mehr zu kaufen. Wie die Einlagen zunahmen, so nahmen die Ausleihungen
ab. Neuausleihungen waren kaum mehr zu verzeichnen. Im Jahre 1944 gab es schließlich
bei der Sparkasse Kenzingen keinen einzigen Darlehens- und Kreditantrag mehr. Wozu auch,
die Bautätigkeit war völlig eingestellt, und auch ansonsten gab es - wie bereits erwähnt
- nichts zu kaufen.

Bei dieser Situation blieb den Kreditinstituten gar nichts anderes übrig, als Reichsanleihen
zu zeichnen. Der Ertrag aus der Verzinsung dieser Papiere wurde benötigt, um den Sparern
die Zinsen auf ihre Einlagen zahlen zu können.

Bei der Sparkasse Kenzingen waren die Gesamteinlagen im Verlauf des Krieges von 6,5
Millionen auf 21,5 Millionen Reichsmark angewachsen, mit jährlichen Zuwachsraten bis
zu 30 °/o. Darunter hatten sich allein die Spareinlagen mehr als verdreifacht. Die Ausleihungen
dagegen waren von 4 Millionen auf 1,5 Millionen Reichsmark abgesunken. Die
Bestands Verringerung lag bei bis zu 35 °7o im Jahr.

Die der Sparkasse zugeflossenen Geldbeträge konnten somit nur noch Anlage in Wertpapieren
finden. Der Wertpapierbestand der Kenzinger Sparkasse war von 1,4 Millionen auf
11,7 Millionen Reichsmark angewachsen. Die Reichsanleihen waren daran mit 98 °7o beteiligt
. Andere Wertpapiere standen nicht mehr zur Verfügung und ihr Anteil am Gesamtbestand
war durch die Kriegsereignisse völlig bedeutungslos geworden.

Da die Gehälter und Unterhaltszahlungen für den zum Militärdienst einberufenen Teil der
Bevölkerung und darüber hinaus auch viele andere Vergütungen damals bargeldlos abgewickelt
wurden, lag bei der erwähnten vermehrten Spartätigkeit trotz Wegfall neuer Ausleihungen
auf den nicht einberufenen männlichen und den inzwischen eingestellten
weiblichen Betriebsangehörigen eine große Arbeitslast. Dazu kamen noch viele sonstige
kriegsbedingte Schwierigkeiten. Dies insbesondere, als 1944 die Front im Westen immer
näher rückte und sich damit die Fliegerangriffe auf Kenzingen häuften. Daher war bereits
auf Ende genannten Jahres die Evakuierung der Sparkasse aus der Stadt Kenzingen heraus
beabsichtigt, die aber immer wieder hinausgeschoben wurde.

Im Februar 1945 war es dann doch soweit. Die männlichen Betriebsangehörigen verblieben
in Kenzingen zur Abwicklung der täglichen Kassengeschäfte. Oft schliefen sie auch
in den Kellerräumen der Sparkasse, zusammen mit anderen Personen aus der Nachbarschaft
, die in dem massiven und damit auch stabilen Gebäude Schutz suchten. Die weiblichen
Sparkassenbediensteten gingen nach Bleichheim, wo sie in der dortigen Schule die
Buchhaltung der Sparkasse einrichteten und meistens im Kageneck'sehen Schloß schliefen
. Der Kurierdienst wurde mittels Fahrrädern aufrechterhalten. Oft bot bei diesen Kurierfahrten
nur ein blitzschnelles Verschwinden im Straßengraben Deckung bei
Tieffliegerangriffen. Für den täglichen Kassenverkehr in Kenzingen waren Kontoabschriften
erstellt worden, die Originale hatten die Damen nach Bleichheim mitgenommen; eigentlich
unverständlich, denn diese wären in dem stabilen und heute noch benützten Tresor

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