Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
12. und 13. Jahrgang.1992/1993
Seite: 7
(PDF, 46 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1993-12-13/0009
Mit der allgemeinen religiösen Bewegung ihrer Zeit hatte die Frauenbewegung eine christliche
Lebensgestaltung zum Ziel, die in der Gemeinschaft in Armut und Keuschheit erstrebt
wurde. Das bedeutete den Verzicht auf weltliche Güter und Ehren und die Hinwendung
zu einem Leben, wie man es in den Evangelien vorgezeichnet fand. So unterschiedlich Herkunft
und gesellschaftliches Bewußtsein des einzelnen Menschen auch sein mochten,
einig waren sich alle in der Auffassung, einbezogen zu sein in den göttlichen Heilsplan
, der in die ewige Seligkeit einmündet.

Im Gegensatz zu den Mönchen, die ihre Klöster möglichst weit ab von anderen menschlichen
Gemeinschaften, von Städten und Dörfern gründeten, wurden die Frauenklöster
in der Umgebung von Städten, wie im Wonnental, sowie innerhalb von Städten wie z.B.
Köln, Mainz, Bamberg u.a. oder bei Dörfern angelegt. Damit sie auch hier abgeschieden
und ohne Verbindung mit dem Leben und Treiben ihrer Umwelt leben konnten, wurde wie
das heute noch teilweise im Wonnental zu sehen ist, um die Klöster eine hohe Klostermauer
gezogen. Die Klostermauer war die unüberbrückbare Trennungsmauer zwischen dem
Leben der Beschaulichkeit und dem in der Welt.

Der Anwalt der frommen Frauen war der Augustiner-Chorherr, Kreuzzugsprediger und
Bischof von Accon, Jacob von Vitry (1180-1254), der sich bei Papst Honorius III. im August
1216 für sie einsetzte und von diesem die Erlaubnis erwirkte, »daß sie im Bistum Lüttich
, in ganz Frankreich und in Deutschland in Gemeinschaftshäusern zusammenwohnen
dürfen, um einander in gegenseitiger Ermahnung im rechten Tun zu bestärken«. Das war
der Anfang der Beginen-Gemeinschaften, wie sie sich in Nordfrankreich, den ganzen Niederlanden
und Deutschland entwickelten.

Zwei begnadete Frauen ragen aus der Vielzahl der von der religiösen Frauenbewegung ergriffenen
Frauen heraus. Es sind dies die unter der geistigen Leitung des Jacob von Vitry
stehende Maria von Oignies, Vorbild und Mittelpunkt der Frauenfrömmlichkeit im Bistum
Lüttich, und Mechthild von Magdeburg, eine der größten Mystikerinnen des Mittelalters
. Mechthild lebte 31 Jahre als Begine in Magdeburg unter der geistigen Leitung der
Dominikaner und fand 1278 Aufnahme bei den nach den Konstitutionen der Zisterzienser
lebenden Schwestern in Helfta. In ihrem Hauptwerk, »Daß fließende Licht der Gottheit«,
ruft sie in dichterisch-visionärer Weise aus: »Ich sehe es mit den Augen meiner Seele und
höre es mit den Ohren meines ewigen Geistes, . . . Herr, Du bist mein Trost, mein Begehren
, mein fließender Brunnen, meine Sonne, und ich bin Dein Spiegel.« In Helfta lebte
Mechthild noch 12 Jahre und starb im Rufe der Heiligkeit.

Die Beginengemeinschaften strebten danach, die kirchliche Anerkennung für ihre Konvente
als Orden zu erlangen, um sich die damit verbundenen Privilegien und Gnadenerweise
zu sichern. Nun war seit dem Laterankonzil von 1215 die Errichtung neuer Orden
nicht mehr gestattet. Sodann verordnete Papst Gregor IX. (1227-1241): »Jede wahre religio
, jede kirchlich anerkannte religiöse Lebensweise muß auf bestimmten Regeln und Normen
, Vorschriften und Strafbestimmungen ruhen; denn ohne genaue und strenge Regelung
des Gemeinschaftslebens und der Gemeinschaftszucht ist jede vita religiosa in Gefahr, den
rechten Weg und die sichere Grundlage zu verlieren.

Die Einfügung der religiösen Frauen-Bewegung in die kirchliche Ordnung konnte also nur
unter Anschluß an die alten Frauenorden oder an die aufstrebenden Männerorden vollzogen
werden, worum sie sich daher mit aller Kraft bemühten. Durch das ganze 13. Jahrhundert
zieht sich deshalb ein wechselvolles Ringen um die organisatorische Gestaltung
der religiösen Frauenbewegung.

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