Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
17. Jahrgang.1997
Seite: 34
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1997-17/0036
St. Urban und der Wein

von Peter Kuner

Nie im Vordergrund, aber vom aufmerksamen Besucher schnell entdeckt, steht in vielen Kirchen
unserer fruchtbaren Gegend die Statue des heiligen Urban, Papst in Rom von 222 bis
230. Die Tiara, die Papstkrone, und vor allem eine Rebe oder Weinstock in der Hand lassen
den Heiligenkenner sofort auf St. Urban, den Patron der Winzer, schließen. Zwischen den
mächtigen barocken Säulen der Pfarrkirche St. Laurentius in Kenzingen scheint die Statue
vom heiligen Urban fast klein und trotz des reichen Faltenwurfs seines Pontifikalgewandes
wirkt er schlicht. Er schaut den Beobachter an und hält ihm Weinstock und Kreuz entgegen.
Die rechte Hand ist geöffnet, so als wolle er den Weinstock mit den reifen Trauben zum Mitnehmen
anbieten. Die linke Hand umfaßt das ihn weit überragende Kreuz. Daran hält er sich
fest, das ist sein Halt. Was wollte der Künstler mit dieser so gestalteten Statue sagen? Oder
besser: Was will der Heilige sagen, den der Bildhauer in seiner Statue verewigt hat? Horchen
wir ein wenig auf die Predigt, die der Künstler in Statue und Bild uns halten will.

Ich war Papst und damit erster und oberster Lehrer der Kirche. Ich war verantwortlich
für die Überlieferung der ganzen Wahrheit. Aber wie soll diese Aufgabe, die ganze
Wahrheit zu hüten und zu überliefern, dargestellt werden? Es gehört zum Schönsten der
christlichen Botschaft, daß die ganze Wahrheit immer auch in einfachen Bildern und wenigen
Worten aufstrahlt. Dies geschieht auch in den einfachen und zugleich tiefen Zeichen
von Traube und Kreuz, die ich in meinen Händen halte. Die Trauben als Erkennungszeichen
meiner Person habe ich nicht selbst gewählt, eher schon das Kreuz.
Mein Fest wird schon lange am 25. Mai gefeiert, also zu Beginn des Sommers. Die ersten
Arbeiten in den Weinbergen sind abgeschlossen, die Eisheiligen vorbei und die ersten
Rebblüten haben angesetzt. Für diese wichtige Zeit hoffen die Menschen auf den besonderen
Segen Gottes. Da war ich ihnen als Fürsprecher gerade recht. Warum sollte ich
ihnen nicht besonders in ihrem harten Alltag und in ihrer täglichen Arbeit im Weinberg
helfen, denn der Wein ist nicht nur ein köstliches Getränk, für viele auch eine Medizin,
sondern auch ein Zeichen voller Tiefe und Symbolik. „Der Wein erfreut des Menschen
Herz", sagt uns schon das Alte Testament. Und Freude ist allemal das, was das Leben
der Menschen lebenswerter macht. Es ist Symbol der Fülle der von Gott kommenden Gaben
. Eigenartig nur, daß das Große auf dieser Erde oft genug erst durch Leid und Tod
entsteht. Vor dem wertvollen Getränk steht das "Sterben " der Trauben, die Kelter und
das Reifen des Saftes bis zum Wein. So wird aber im Wein - wie auch im Brot - nicht nur
die Fülle des Lebens angedeutet, sondern zuerst auch der Tod und die Auferstehung Jesu
sinnfällig und zeichenhaft vergegenwärtigt, wie auch unser eigenes Leben mit dem Leid
und dem Tod. "Im Tod ist das Leben ", das gilt für Jesus und auch für uns. Muß ich jetzt
noch über das Kreuz sprechen?! Wilhelm Willms bringt dies in einem Gedicht so zum
Ausdruck:

... Und in der dunklen kellernacht
hat einer wein aus uns gemacht

die zukunft wird es bringen
wenn weinen wird zu singen ...

Wein und Kreuz gehören zusammen, sprechen von Tod und Leben, aber vor allem vom
Leben und der Freude. Ist das nicht auch das Ganze der christlichen Botschaft, wie ich
sie mit meinen Insignien verkündigen kann und für die ich als Papst verantwortlich war?
Wer dies so versteht, der kann auch zu mir sprechen, wie es unter einem alten Bildstock
stand: „S. Urban schenk uns ein /fröhlich Herz und guten Wein. "

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