Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
17. Jahrgang.1997
Seite: 45
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In vino veritas
Ausgewählte Weinpoesie

von Helmut Reiner

Kein Freund des edlen Rebensaftes aus deutschen Landen hat je eine einfühlsamere und tiefsinnigere
Laudatio auf den Wein zu Papier gebracht, als der Poet, der Glasperlenspieler Hermann
Hesse:

Wer ist so mächtig wie er? Wer ist so schön, so phantastisch, schwärmerisch, fröhlich
und schwermütig? Er ist ein Zauberer und Held. Er ist ein Verführer und Bruder des
Eros. Er vermag Unmögliches; arme Menschenherzen erfüllt er mit schönen und wunderlichen
Eingebungen und Dichtungen. Er hat sich Einsiedler und Bauern zum König,
Dichter und Weisen gemacht. Leer gewordene Lebenskähne belastet er mit neuen Schicksalen
und treibt Gestrandete in die eilige Strömung des großen Lebens zurück.
So ist der Wein. Doch es ist mit ihm wie mit allen köstlichen Gaben und Künsten. Er will
geliebt, gesucht, verstanden und mit Mühen gewonnen sein.

Im "Gastmahl des Xenophon" läßt Piaton den weisen Sokrates (470-399 v.Chr.) sagen:

Mit dem Trinken, ihr Leute, bin ich auch ganz einverstanden, denn der Wein frischt in
Wahrheit die Seelen an und schläfert die Sorgen ein, weckt dagegen die Fröhlichkeit wie
das Ol in die Flamme. Indes scheint es mir bei den Männern mit dem Trinken ebenso zu
ergehen wie den Pflanzen mit der Erde. Denn auch diese können sich unmöglich aufrecht
erhalten, wenn sie der Himmel einmal reichlich tränkt; bekommen sie hingegen gerade
soviel zu Trinken, als ihnen wohl tut, so wachsen sie nicht nur vollkommen aufrecht, sondern
gedeihen auch und werden fruchtbar. Und also wird es auch bei uns sein.

Auch in der Bibel galt für den Göttertrank das Ideal der Mäßigung, keineswegs die Enthaltung
. Jesus Sirach 31.27 schreibt:

Wie Lebenswasser ist der Wein dem Menschen, wenn er ihn trinkt, in rechtem Maße.
Was hat der für ein Leben, der des Weins entbehrt?

Die Ermahnung des Hippokrates (460-375 v.Chr.), "Trinke Wein, und du wirst gesund sein",
bekräftigt der Dichter der Göttlichen Komödie Antonio Altomonte Dante Alighieri (1265-
1321 n.Chr.) mit der Einsicht:

Von Anbeginn der Schöpfung ist dem Wein eine Kraft beigegeben, um den schattigen
Weg der Wahrheit zu erhellen.

Friedrich Hegel (1770-1831) antwortet mit einem philosophischen Apercu: "Im Wein liegt
Wahrheit und mit der stößt man überall an ".

Ohne Wein wollte auch der elsässische Verseschmied Johann Michael Moscherosch (1601-
1669) nicht leben:

Solang ich leb', lieb ich den Wein,
denn er vertreibt Forcht und Pein,
verjagt Melancholey und Schmertzen.

4S


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