Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
17. Jahrgang.1997
Seite: 56
(PDF, 31 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1997-17/0058
Wo Kultur und Natur harmonieren - die Reblandschaft zwischen
Kenzingen und Hecklingen

von Bernd-Jürgen Seitz
Einführung

Wir leben heute in einer weitgehend vom Menschen geprägten Kulturlandschaft. Diese Entwicklung
begann in Mitteleuropa im wesentlichen erst im Mittelalter, als in größerem Ausmaß
Wälder gerodet wurden. Vorher war fast alles von Wald bedeckt, mit Ausnahme von Sonderstandorten
in Flußtälern, Mooren, Felsen, Dünen u.a. Auf viele Tier- und Pflanzenarten
hatte die menschliche Tätigkeit zunächst sogar einen positiven Einfluß: lichtliebende Arten,
die im ursprünglichen „Waldland" selten waren, nahmen zu, ursprünglich nicht in Mitteleuropa
vorkommende Tiere und Pflanzen wanderten ein bzw. wurden vom Menschen eingebracht.
Dieser Artenreichtum blieb zumindest in weiten Bereichen bis in die jüngere Vergangenheit
erhalten.

Einen gravierenden Einbruch hatte die sogenannte „grüne Revolution" zur Folge, die Industrialisierung
und Intensivierung der Landwirtschaft durch den Einsatz von Maschinen, Düngemitteln
und Pestiziden. Im Gefolge dieser grünen Revolution, die in Mitteleuropa erst nach
dem Zweiten Weltkrieg richtig „durchschlug", wurden u.a. die als Monokulturen bewirtschafteten
Flächen vergrößert, Feuchtgebiete entwässert, Landschaftselemente wie Feldraine,
Hecken und Tümpel beseitigt, Grünland in Acker umgewandelt und traditionelle Bewirtschaftungsformen
aufgegeben. Auf der anderen Seite wurden Standorte, die keine hohen Erträge
versprachen, nicht mehr bewirtschaftet, was zum Verschwinden vieler besonders artenreicher
Magerrasen, Heiden usw. führte.

Diese Entwicklung läßt sich auch auf den Anbau der Rebe als eine der ältesten Kulturpflanzen
übertragen. Da die Reben in unseren Breiten in der Regel am Hang angebaut werden, was nur
selten flächendeckend möglich ist, sind in den Weinbergen immer Bereiche vorhanden, auf
denen keine Reben stehen. Je nach geologischem Untergrund sind dies z.B. Böschungen,
Hohlwege, Trockenmauern, Felsen, Hecken oder Trockenrasen. Je mehr von diesen Elementen
vorhanden sind, desto artenreicher ist eine Reblandschaft. Eine wichtige Rolle spielt dabei
auch die Tatsache, daß Reben immer in besonders wärmebegünstigten Bereichen angebaut
werden, was vielen Tier- und Pflanzenarten entgegenkommt - darunter auch etlichen bei uns
seltenen Arten, die ihren Verbreitungsschwerpunkt z.B. im Mittelmeergebiet haben.
Auch der Rebanbau veränderte sich in den letzten Jahrzehnten gravierend: verstärkter Einsatz
von Mineraldünger und Pestiziden, mehrfache Änderung der Bewirtschaftungsmethoden
(s.u.), Beseitigung von Begleitstrukturen wie Hohlwege, Trockenmauern und Hecken, Zusammenlegung
kleinparzellierter Flächen bis hin zu großräumigen Landschaftsumgestaltungen im
Rahmen der Flurbereinigung.

Besonders stark wirkten sich diese Veränderungen an relativ schwach geneigten Hängen aus,
an denen teilweise sämtliche Begleitstrukturen beseitigt wurden. Etwas günstiger sind die
Voraussetzungen bei Terrassenanbau, wie er bei Lößuntergrund unabdingbar ist. Hier besteht
die Chance, daß sich eine Reihe von Tier- und Pflanzenarten auf den Böschungen halten oder
wieder einstellen.

Die großräumigen Landschaftsumgestaltungen durch die Flurbereinigung gehören inzwischen
(hoffentlich) der Vergangenheit an. Man hat erkannt, daß dies weder ökologisch noch finanziell
„in die Landschaft paßt". Hinzu kommt, daß durch die vermehrte Bildung sogenannter
Kaltluftseen in flurbereinigten Rebflächen erhöhte Spätfrostgefahr besteht und auch die Weinqualität
teilweise negativ beeinflußt wird (Endlicher 1980 sowie BZ vom 2. Juni 1995: „Reben
erfrieren auf flachen Terrassen").

56


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1997-17/0058