Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
18., 19. und 20. Jahrgang.1998-2000
Seite: 19
(PDF, 40 MB)
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Ich weiß, dass Sie alle sich bereits sehr auf die Weinprobe freuen. Schenken Sie mir bitte dennoch
einige Minuten der Aufmerksamkeit, wenn ich als Mitglied des Vorstandes die Gelegenheit
nutze, mich zu einigen Grundfragen des Selbstverständnisses unserer Arbeitsgemeinschaft
zu äußern. Ich glaube, dass es gelegentlich erforderlich und von nicht unerheblicher
Bedeutung ist, sich kritisch die Sinnfrage zu stellen: was sind eigentlich die Ziele der Arbeitsgemeinschaft
? Wie beurteilen wir unsere selbstgestellte Aufgabe? Auf welchen Wegen und
mit welchen Mitteln versuchen wir sie zu lösen? Der Verein ist seinen Mitgliedern die Beantwortung
solcher Fragen nach Auffassung des Vorstandes sehr wohl schuldig - aber auch allen
Lesern unserer Zeitschrift "Die Pforte". Diese halten nämlich in Gestalt unserer Publikation,
die die Ergebnisse unserer Arbeit der Öffentlichkeit zugänglich macht, die Frucht unserer
Bemühungen schwarz auf weiß in Händen. Sie können - und sollten! - sich nämlich mit solchen
Fragen kritisch auseinandersetzen, daraus reflektierend ihre Schlüsse ziehen und, wie
wir hoffen, vielleicht die gewonnenen Erkenntnisse, wie immer sie auch ausfallen, weitergeben
.

Ein amerikanischer Historiker hat 1998 die Fachwelt mit einem umfangreichen Buch verblüfft
, das den Titel "Das Ende der Geschichte" trägt. Für ihn, so sein Fazit, hat die Geschichte
für den Menschen nichts Neues mehr in petto - alles ist schon einmal dagewesen und daher
nicht mehr erforschens- und darstellenswert. Und ein bekannter zeitgenössischer deutscher
Schriftsteller, Peter Handke, ließ vor kurzem in einem neuen Theaterstück einen der Protagonisten
sagen:

"Es gibt keine Geschichte. Es hat sie nie gegeben. Was man Geschichte nennt, ist eine
einzige Fälschung. Die wahre Geschichte kennt niemand." '

Wir teilen diesen geradezu abstrusen Kulturpessimismus nicht. Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft
ist vielmehr der Überzeugung - das besagt schon der Name des Vereins -, dass Geschichte
nach wie vor eines der wichtigsten Materialien ist, an denen der menschliche Geist
sich bildet (Scharnhorst). Geschichtliches Forschen und Denken bedeutet die geistige Durchdringung
und die reflektive Bewußtwerdung der Vergangenheit, das, was eigentlich mit historischer
Bildung gemeint ist. Letztere ist es, die dem Menschen die Möglichkeit eröffnet, das
historisch Gewachsene seines gesellschaftlichen Umfeldes zu erkennen, daraus Schlüsse zu
ziehen und ihn in Lage versetzt, Zusammenhänge und Entwicklungen in der Gegenwart besser
zu verstehen. Nur aus dieser Erkenntnis kann wiederum die Fähigkeit entstehen, verantwortlich
die Zukunft mitzubestimmen. Darüber hinaus ist die Kenntnis der historischen Wurzeln
unseres Daseins ohne Zweifel eine unveräußerliche Grundlage für unser gesellschaftliches
Handeln - vor allem in einer Zeit wie der heutigen, in der sich vor dem Hintergrund einer
nie dagewesenen Fülle von Freiheiten im menschlichen Zusammenleben nur wenige deutliche
Richtpunkte abzeichnen, an denen der einzelne sich ethisch, sozial und politisch orientieren
kann.

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