Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
21., 22. und 23. Jahrgang.2001-2003
Seite: 62
(PDF, 49 MB)
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Helmut Reiner

Kunst und Künstler in Kenzingen - ästhetische Biografie einer
Kleinstadt

Auch eine Handwerker- und Bauernstadt wie Kenzingen hat es den sakralen Institutionen zu
verdanken, dass Kunst gedeihen kann. Kirche und Klöster waren im Mittelalter vornehmlich
die Anreger und Auftraggeber für künstlerische Arbeiten jeglicher Art. Unter Handwerk verstand
man damals alle ästhetischen Hervorbringungen, die ihre eindeutige Funktion, ihren
Gebrauchswert hatten und der spirituellen Aussage und der Erbauung dienten. Für anspruchsvolle
Ausschmückungen und Selbstdarstellungen im individuellen profanen Bereich waren die
Voraussetzungen im Gemeinwesen nur selten gegeben.

Noch vor der Stadtgründung (1249) und dem Bau des Münsters unserer lieben Frau (1275) gab
es schon das Closter Wunnethal (1242). Obwohl die Zisterzienserinnen weder wissenschaftliche
noch literarische Ambitionen hatten, ja, das Schreiben von Büchern ohne Erlaubnis untersagt
war, ist es erstaunlich, dass vermutlich im Jahre 1460 innerhalb dieser Mauern eine Abschrift
der Elsässischen Legenda aurea, jener berühmten Sammlung von 200 Heiligengeschichten des
Dominikaners und späteren Genueser Bischofs Jacobus de Voragine, entstand. Diesen wertvollen
biliophilen Schatz verwahrt heute die Badische Landesbibliothek Karlsruhe1. Nach dem
Urteil von Altgermanisten nimmt diese Vitensammlung einen Ehrenplatz in der Geschichte der
deutschen Prosaliteratur ein. Das Exemplar, von dem die Rede ist, war bis 1564 im Besitz der
Conventin zu Günterstal und Statthalterin in Wonnental, Christina Marschalkin. Mitte des 18.
Jahrhunderts wurde diese Fassung von Abt Steyrer für das Kloster Sankt Peter im Schwarzwald
erworben. Die 13 teils kolorierten Illustrationen stammen aus der Werkstätte Dieboldt Laubers
zu Hagenau (Wasserzeichenanalyse). Die Textabschrift wird dem Kenzinger Frauenstift zugeschrieben
(Konrad Kunze).

In Karlsruhe befinden sich auch zwei umfangreiche
Chorgesangbücher, die mit Sicherheit aus
Wonnental stammen und auf das Jahr 1360
datiert sind. Ein Graduale, auf 200 Pergamentblätter
geschrieben, enthält Gesänge zu Ehren der
Heiligen an ihren Festtagen im Lauf des Kirchenjahres
.

Der 260 Blatt starke Codex mit Antiphonen
(Wechselgesänge der Nonnen) ist reich
geschmückt. Von Bedeutung sind die Stifterwappen
neben den Initialen, die teils auf die Üsen-
berger Grafen verweisen, die die Abtei zu ihrer
Grablege bestimmt hatten. Die Handschriften
sind vermutlich in Freiburg entstanden, wo es
gute Werkstätten für Buchmalereien gab; zumal
das Kloster beste Beziehungen zu dieser Stadt
pflegte. Die beiden Codices gehören zu den
künstlerisch aufwändigsten Choralbüchern aus
der oberrheinischen Kunstlandschaft2.

Abb. 1: Graduale Cisterciense, Cod. U. H. 1, Initiale P
(uer natus est obis). Badische Landesbibliothek Karlsruhe
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