Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
21., 22. und 23. Jahrgang.2001-2003
Seite: 94
(PDF, 49 MB)
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In den beiden Folgejahren wurde Kenzingen mehrmals von "eigenen", kaiserlichen Truppen
belagert, jedoch ohne Erfolg. Erst nach der vernichtenden Niederlage des schwedischen Heeres
am 7. September 1634 bei Nördlingen und dem Zusammenbruch der schwedischen Machtposition
in Südwestdeutschland konnte der kaiserliche Obrist Escher4, der selbst schon drei
vergebliche Versuche zur Rückeroberung unternommen hatte, nach erneuter, dreitägiger Belagerung
Kenzingens die schwedische Besatzung am 15. Oktober zum "Akkord" bewegen, zu
einer Übereinkunft über Kapitulation, freien Abzug und Übergabe der Stadt an die Kaiserlichen5
. Aber auch in den folgenden vier Jahren, in denen Kenzingen wieder der angestammten
vorderösterreichischen Herrschaft unterstand6, bestimmten Hunger, Not und Drangsal
weiterhin den Alltag der Einwohner. Der damalige Schultheiß Daniel Metzger berichtete an die
vorderösterreichische Regierung, dass "bei vielen Burgern weder bett noch stroh, weder saltz
noch schmaltz, ja sogar kain Brot oder ainiges Körnlein Frucht gefunden werde, also dass
bereits viel leüth Hungers gestorben"7 seien.

1637 zog Herzog Bernhard von Weimar, mittlerweile Verbündeter der französischen Krone und
von dieser durch Geld und Truppen unterstützt, mit einem gut gerüsteten Heer wieder auf den
oberrheinischen Kriegsschauplatz. Bei diesem Feldzug unternahm er im August und September
auch mehrere vergebliche Versuche, Kenzingen durch Überrumpelung oder Belagerung
einzunehmen. Das Ausbleiben französischer Unterstützungsgelder und Truppenverstärkungen
und der wachsende militärische Druck der von Johann von Werth kommandierten kaiserlichen
Truppen nötigten ihn schließlich dazu, in linksrheinische Winterquartiere im Birstal auszuweichen8
. Aber schon im darauffolgenden Frühjahr führte der Herzog sein Heer wieder über den
Strom, schlug die Kaiserlichen bei Rheinfelden und zog erneut in den Breisgau. Eines seiner
Hauptziele war die Eroberung Breisachs, das als starke kaiserliche Festung eine strategische
Schlüsselstellung am Oberrhein einnahm. Einen wichtigen rückwärtigen Befestigungs- und
Versorgungsposten für Breisach bildete neben Freiburg, Neuenburg und der Hochburg auch
Kenzingen mit seiner kaiserlichen Besatzung. Zudem kontrollierte die Stadt wie Freiburg einen
wichtigen Übergang über den Schwarzwald. Daher bildete die Wegnahme dieser Städte und
befestigten Plätze im Breisgau die Voraussetzung für eine erfolgversprechende Belagerung der
Feste Breisach9.

Nachdem Freiburg am 11. April 1638 kapituliert hatte, versuchte Herzog Bernhard am 8.
August, Kenzingen im Sturmangriff zu erobern, scheiterte aber an der hartnäckigen Verteidigung
der Soldaten und Bürger. Auf die Kunde hin, dass bei Schuttern ein kaiserliches Entsatzheer
stehe, das von der Nähe des schwedischen Heeres nichts wisse, brach er seinen Angriff
auf die Stadt am Abend ab und zog dem Feind entgegen, den er am folgenden Tag bei Wittenweier
vernichtend schlug10. Schon zwei Tage später, am 11. August, erschien Bernhard, diesmal
mit schwerem Belagerungsgeschütz, wieder vor Kenzingen. Am nächsten Morgen begann
die heftige Beschießung, und schon um die Mittagszeit musste die Stadt kapitulieren und dem
Feind ihre Tore öffnen. Die überlebenden 200 Mann der kaiserlichen Söldnerbesatzung traten
in weimarische Dienste über, die Stadt wurde ausgeplündert und schwer zerstört. Bereits wenige
Tage zuvor hatte Bernhard von Weimar auch mit der Einschließung Breisachs begonnen -
nicht zuletzt, um die kaiserliche Festungsbesatzung daran zu hindern, dem bedrängten Kenzingen
zu Hilfe zu kommen. Der ungewöhnlich frühe und kalte Herbst zwang die Belagerer
zum Bau fester, beheizbarer Unterkünfte; das Material dafür - Balken und Bauholz, Möbel,
Kachelöfen und anderes - schaffte man aus dem demolierten Kenzingen heran. Weil der Herzog
im Falle eines Entsatzversuches für Breisach die Stadt an der Elz nicht als möglichen
Stützpunkt des Feindes unbesetzt in seinem Rücken haben und keine Truppen für eine Besetzung
abkommandieren wollte, ließ er Kenzingen noch weiter zerstören und schließlich in
Brand stecken. Eine zeitgenössische gedruckte Quelle berichtet darüber: "Nachdem der Herzog
von Weimar im August Kentzingen gentzlich geplündert, die Thor, Wäll, und Pasteyen
[Basteien, Befestigungswerke] gesprengt und mit Fewer großen Schaden gethan, hat er den 15.

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