Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
21., 22. und 23. Jahrgang.2001-2003
Seite: 106
(PDF, 49 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2003-21-23/0108
nen die Äcker, Felder und Wiesen der verschiedenen Besitzer oft Grenze an Grenze anein-
anderlagen und die meisten landwirtschaftlichen Flächen somit keine eigenen Zufahrtswege
besaßen, sondern nur über die Felder des Nachbarn zu erreichen waren. Deshalb musste der
Feldbau, vor allem Aussaat und Ernte, unter Leitung des Baumeisters gemeinschaftlich so
organisiert werden, dass Schäden an angebauten Feldern und Wiesen durch „Überfahren"
möglichst vermieden wurden. Dass sich dies in der Praxis nicht immer durchsetzen ließ bzw.
sich Grundstückseigentümer manchmal wenig um die Felder ihrer Nachbarn scherten, zeigen
die in den Ratsprotokollen immer wieder verzeichneten Strafgelder für eben dieses "Überfahren
". Aus ähnlichen Gründen wurde auch der jährliche Beginn der Heumahd und der Lesebeginn
für die Traubenernte vom städtischen Regiment festgelegt, so z.B. im Ratsbescheid vom
6. Oktober 1668, in dem angeordnet wurde, „daz heuth [Samstag] nachmittag daz rothe [Traubengut
], montag aber das weys in gemein [gemeinsam] geläßen werden solle"75.

Weitere Baumeister Gisinger vom Rat übertragene Aufgaben waren die Aufsicht über Wege
und Stege und die beiden Brücken sowie die „Erpawung newer heüßer vnndt aller [der] statt
gemeine Sachen". Dabei sollten „Ihme [die] Jeherweils regierendten Ambts bürgermaister
vnndt lohn herrn allen beystandt vnndt befürderung thuen [...], deren rath Er dan auch Jeder
weyin zue Erfordern [einzuholen] haben würdet"1*'. Eine erste Folge dieser Amtsverpflichtung
dürfte wohl die noch im Januar vom Rat erneuerte Anordnung gewesen sein, dass diejenigen,
die vor der Heu- oder Öhmdmahd über die Matten fahren und von den Bann warten angezeigt
würden, unabwendbar 10 Schilling Strafe zahlen müssten. Auch das private Bauwesen in der
Stadt wurde nun offenbar stärkerer Kontrolle unterworfen, denn in der selben Sitzung wurde
auch beschlossen: „Es solle auch Euro hin nihemandt meher ohne vor[her] Eingenombnen
augenschein Ein haus, Scheuren oder Stallung in der Statt bawen bey vorbehalltner Straff1. "
Allerdings scheint die Anordnung wohl wegen der damit verbundenen Kosten für die Gutachter
nicht im gewünschten Maß befolgt worden zu sein, sah der Rat sich im August desselben
Jahres doch veranlasst, sie unter erneuter Androhung von Geldstrafen nochmals zu Protokoll
zu nehmen78.

Wo es ihm nötig erschien, schritt der Rat auch gegen Veränderungen in der bestehenden Bausubstanz
ein - manchmal vielleicht auch geleitetet von Überlegungen zu Erhalt und Pflege des
Stadtbilds. Dies legt zumindest ein Ratsbescheid vom März 1663 nahe, in dem es heißt: ,Jacob
Hug, dem Maurer, ist die begerte Mauren ahn seiner Hoffstatt vmb Einen stockh abzue brechen
gäntzlichen abgeschlagen, derentwegen [weswegen] Er die behausung widerumb wie vorhin
auff 3 stockh hoch Bawen, oder, da Es Ihme auch nicht müglich, gleichwohlen die hoff statt
vmb ein[e]andere verthauschen solle19." Falls das Anwesen von Maurermeister Hug, dem wir
bei städtischen Bauprojekten wiederbegegnen werden und der erst im Januar 1662 zunächst auf
ein Jahr ins Kenzinger Bürgerrecht aufgenommen worden war80, in einer geschlossenen Häuserzeile
stand und die Giebelmauer an Giebelmauer errichteten, traufständigen Nachbarhäuser
ebenfalls drei Stockwerke aufwiesen, mögen beim zitierten Ratsbeschluss auch Überlegungen
zur Baustatik und zur Feuersicherheit eine Rolle gespielt haben. Die Bemerkung über den Hofstatttausch
zeigt übrigens, dass damals offenbar noch zahlreiche herrenlose, „heimgefallene"
Anwesen in der Stadt vorhanden waren. Auch wehrtechnische Sicherheitserwägungen spielten
bei den Entscheidungen des Rates eine Rolle. So wurde einem Bürger, dessen Anwesen offenbar
an der Stadtmauer lag, der Bau einer "S.[alva] V.[enia] [mit Verlaub] haimblichkkheit
[Abort]" nur gestattet, falls der einzunehmende Augenschein zum Ergebnis käme, dass der
Stadtmauer durch den Bau „kein nachthail beschicht"m'. Waren Belange der Stadt betroffen,
unterband der Rat Nutzungsveränderungen an privaten Hofstätten, wie folgender Bescheid aus
dem Jahr 1660 zeigt, der vielleicht aus feuerpolizeilichen Erwägungen gefällt wurde: „Friedrich
Bader dem huoffschmidt ist daz gebettene Thor mit Einem kleinen dörlin ahn der behau-
ßung am Nidern Thor verwilliget, doch daz er die behaußung zue keiner scheuren verendern,
sondern ein behaußung sein vnndt verpleyben laßen solle™'. Und selbstverständlich hatte die

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