Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 10
(PDF, 30 MB)
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Abb. 3: Jose Cabanis (2. Reihe, zweiter von links mit Pfeife und Brille) mit seinen Kameraden in Könd-
ringen

Die Anreise

Joses Reise nach Köndringen hatte insgesamt vier Tage gedauert: Abfahrt am 27. Juli in Saint-
Cyprien, einem Vorortsbahnhof, feierlicher Abschied zu den Klängen der Marseilleise in
Toulouse, Schlemmen im Zug, Trinken, Singen, Kartenspielen, Kirmesstimmung. Nach einer
Nacht im Abteil mit wenig Schlaf - er vertrieb sich die Zeit mit Lesen: Die Kartause von
Parma (1) - erreichten er und die übrigen Passagiere Dijon am Nachmittag, wo sie zwei Stunden
zwischen den Schienen auf ihren Koffern hockten, vom Deutschen Roten Kreuz mit einer
Suppe versorgt.

Im Unterschied zur so genannten „freien" Zone, wo die Deutschen erst Ende 1942 eigene Viertel
bezogen hatten, war Dijon besetztes Gebiet. Hier wimmelte es [von Deutschen], man sah
nur sie. Das war eine deutsche Stadt. Man tat gut daran, sich klein zu machen, bescheiden zu
sein, vom Trottoir herunterzugehen, wenn einer von ihnen entgegenkam.1 Schließlich wurden
sie alle per Bus in die General-Krien-Kaserne verfrachtet, wo sie einen „Passierschein (Lais-
sez-Passer)" und Freigang bis zum nächsten Tag erhielten. In der Kaserne zu nächtigen schien
den jungen Leuten nicht sehr verlockend, und sie zogen in die Stadt. Joses Gruppe fand einen
Saal eines Jugendheims, wo sie auf dem Boden schlafen konnten. Er selbst aber und Roger,
sein bester Kamerad, suchten weiter, zunächst erfolglos in Hotels, dann bei einem Arzt, dessen
Schild sie zufällig entdeckt hatten. Ein Stockwerk höher wurden sie von einem Anwalt
fürstlich aufgenommen: großes Schlafzimmer mit zwei Betten, warmes Wasser zum Waschen
und Rasieren, Abendessen. Auf der Terrasse des Hauses, mit Blick auf den schönsten Platz der
Stadt, schrieb Jose seinen ersten Brief an seine Mutter, während aus einem Lokal Musik
heraufklang: Es wäre vollkommen, wenn Sie nicht so weit weg wären ... Dennoch, jetzt und
während der Reise ist und war die Stimmung sehr gut. Alle meine Kameraden sind nämlich
freundlich, und fünf oder sechs besonders nett. Papa muß unbedingt diesem Anwalt, der uns so
phantastisch aufgenommen hat, ein paar Zeilen senden. [...] Die Karte, die ich Ihnen
geschickt habe, ist auf dem Bahnhof geschrieben, während jener langen Wartezeit, wo wir
glaubten, vor Hitze zu vergehen. Ich genieße den letzten Tag meiner Freiheit... Morgen um 9
fahren wir ab. Wir werden Zeit haben, einen kurzen Blick auf die Stadt zu werfen. Sie stellen

7 Cabanis, Lettres, S. 21.

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