Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 28
(PDF, 30 MB)
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Kenzingen während des Zweiten Weltkrieges54

Kenzingen war Ende der 1930er Jahre eine ruhige Kleinstadt mit 3187 Einwohnern55, ohne
bemerkenswerte parteipolitische Aktivität (20): „Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
mußte die Kenzinger Bevölkerung ihre Lebensweise drastisch ändern."56 Männer und
Jugendliche ab 17 Jahren wurden zum Wehrdienst eingezogen, und Frauen und Mädchen
mussten deren Arbeit auf den Feldern und in den Kenzinger Betrieben, die weitgehend auf
Rüstungsindustrie umgestellt waren, übernehmen. „Ende August 1939 verabschiedete sich der
Schulleiter [der Realschule], Direktor Weis [...] und wurde Soldat. [...] Auch ein Deutschlehrer
[...] und unser junger Englischlehrer [...] wurden noch im August 1939 eingezogen. Immer
mehr Lehrerinnen kamen an die Schule. Mein Vater, [...] mit 42 Jahren wurde er Ende August
in der zweiten Nachthälfte aus dem Bett geholt und mußte einrücken."57 Auch zum Kriegsdienst
wurden die zurückgebliebenen Frauen und Mädchen herangezogen: Sie dienten als Telefonistinnen
und Schwestern beim Roten Kreuz. Als Luftwarte mussten sie die Eimer mit Wasser
zu Bekämpfung von Bränden bereithalten.58

Lebensmittelmarken und Karten für den Erwerb von Kleidern und Schuhen wurden vom Bürgermeisteramt
ausgegeben, auch Gasmasken wurden verteilt. Nachts herrschte totale Verdunkelung
, und wer ausgehen wollte, durfte lediglich eine kleine Leuchtnadel (21) anstecken.
Noch herrschte in Kenzingen Ruhe, mehr noch als vor dem Krieg. Dann aber kündigten Vorboten
kommende Veränderungen an: „Wie aus einem Dornröschenschlaf wachte Kenzingen
seit dem Sommer 1938 auf. Plötzlich wimmelte es von Fremden; die Wirtschaft florierte,
woran sich noch mehr als ein halbes Jahrhundert später Geschäftsleute mit glänzenden Augen
erinnerten."59 „Durch die Kriegserklärung an Polen durch das Deutsche Reich am 1. September
1939 war Kenzingen [militärisch] noch nicht unmittelbar betroffen. Doch nach dem Polenfeldzug
zogen viele Hunderte von deutschen Soldaten durch Kenzingen. Viele von ihnen wurden
in Häusern, öffentlichen Gebäuden und Stallungen einquartiert. [...] Und doch war es verhältnismäßig
ruhig. Erst mit der Rheinüberquerung bei Weisweil durch die Wehrmacht [am
Samstag, dem 15. Juni 1940, 10:00 Uhr] machten sich unmittelbare kriegerische Aktionen
bemerkbar. Tausende von Soldaten zogen Tag und Nacht durch Kenzingen in Richtung
Weisweil. Die Bevölkerung von Weisweil musste evakuiert werden und kam zum Teil nach
Kenzingen oder ins Bleichtal."60 Doch „das Kriegsgeschehen entfernte sich von den Grenzen
Deutschlands an die Grenzen Europas. An unserer Kenzinger Schule waren fast wieder
friedensmäßige Verhältnisse, wenn man davon absah, daß mit wenigen Ausnahmen nur noch
Lehrerinnen da waren".61

Die folgende Schilderung Kenzingens während des Zweiten Weltkriegs (S. 28-36) beruht im wesentlichen
auf den Aufzeichnungen und der Sammlung von Dokumenten, die Walter Linemann als Ratsschreiber
der Stadt Kenzingen verfasst und zusammengetragen hat (im folgenden „Aufzeichnungen
Linemann" genannt). Sie enthalten auch einen Bericht des damaligen Stadtpfarrers Dekan Dr. Franz Marquardt
(„Bericht Marquardt") und den Aufsatz „Kenzingen während des Zweiten Weltkrieges", den
Manuela Fuchs 1975 nach Augenzeugenberichten betagter Kenzinger Bürger verfasst hat („Aufsatz
Fuchs").

Lt. Volkszählung vom 17.5.1939 (1654 Frauen, 1533 Männer).
Aufsatz Fuchs, S. 2.

Bücheler, Mögen andere Krieg führen, S. 2 f.
Zeitzeugin Moser.

Die Geschichte der Stadt Kenzingen, Bd. 1, S. 291.
Aufsatz Fuchs, S. 2 f.

Bücheler, Mögen andere Krieg führen, S. 4.

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