Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
24. und 25. Jahrgang.2004/2005
Seite: 35
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Oberen Zirkel, waren betroffen. Die Feuerwehr stand wieder pausenlos im Einsatz und konnte
mangels Material und Mannschaft nicht überall helfen. Dieser Angriff erweckte den Anschein,
dass Kenzingen sturmreif geschossen werden sollte. „[...] die Stadt glich einem einzigen
Brandherd. Doch es sollte noch schlimmer kommen; niemand hatte an diesem Tag mit einem
weiteren Angriff gerechnet. Die Feuerwehr war immer noch mit der Kontrollierung der Brandherde
beschäftigt. Und wieder tauchten sie gegen Abend am Himmel auf. Ein weiterer schwerer
Luftangriff erfolgte, es sollte der letzte in diesem mörderischen Krieg sein. Nach diesem
Angriff war die Stadt fast ganz zerstört."72 Einen Tag später wurden die Ortskommandantur
aufgelöst, das in der ehemaligen Nähschule untergebrachte Postamt und die Stadtverwaltung
nebst Stadtkasse geschlossen. Die Besetzung stand unmittelbar bevor.

Über die letzten Stunden des Krieges am 19. April 1945, in denen das deutsche Militär Kenzingen
schon verlassen hatte, berichtet der damalige Stadtpfarrer, Dekan Dr. Franz Marquardt:
„Von den Turmfenstern aus sahen wir fünf Panzerspähwagen das Sträßlein von Oberhausen
herfahren und bei Dr. Schwörer von Süden her in die Stadt einbiegen. Fünf Minuten vor ihrem
Eintreffen zeigte eine Explosion an, daß die Brücke bei der Sparkasse gesprengt wurde. Gleichzeitig
kam ein Soldat (Deutscher), der nachts vor dem Pfarrhaus gestanden war, zu mir und gab
mir den Auftrag zum Läuten. Da er mit dem Rad nach Malterdingen weiterfuhr und die
deutsche Artillerie, die noch in der Nähe stand, damit sofort benachrichtigt war, erfüllte ich
diesen letzten Wunsch des Vaterlandes. Wir vernahmen auch französisches Artilleriefeuer. [...]
Dann war es etwa eine Stunde Ruhe. Durch die Öffnungen der seit dem 3. März fehlenden
Kirchentüren beobachteten wir, wie die ausgestorben erscheinende Stadt - alles war in den
Kellern - vorsichtig von Franzosen mit schußbereitem Gewehr in großen Abständen besetzt
wurde. Es war gegen 5 Uhr, also 17 Uhr."73

„Die Stadt wurde ihnen [den Franzosen] von Bürgermeister Kreth (29) im Cafe Bilharz - genauer
: im Wohnzimmer der Familie Bilharz übergeben. Die Bevölkerung sah den neuen
Machthabern sicherlich mit großen Befürchtungen entgegen - Gefühle, die nicht zuletzt durch
die Nazi-Propaganda geweckt beziehungsweise verstärkt worden waren. Jedoch war hier in
Kenzingen wie auch im übrigen Südbaden das Aufatmen, den Krieg überstanden zu haben,
vorherrschend."74

Kurz nach der Übergabe beschoss die deutsche Artillerie die Stadt und tötete dabei vier Bürger
. Auch noch am folgenden Tag lag Kenzingen unter deutschem Artilleriefeuer, das einen 84-
Jährigen tödlich traf. Zwei Tage später fiel eine Frau beim Ausweichen vor einem Panzer in die
Kleine Elz und ertrank. Die französischen Streitkräfte quartierten sich in der Stadt ein. Die
Stadtkasse wurde aufgebrochen, und es kam zu Plünderungen, „an denen sich an den folgenden
Tagen auch manche aus der hiesigen Bevölkerung beteiligten. Auch Vergewaltigungen.
Für die folgenden Nächte war das Pfarrhaus die Zuflucht für eine Anzahl Mädchen, die hier
übernachteten."75

„Nun hatte der französische Kommandeur das Sagen in der Üsenbergstadt. Daß sich die
deutsche Verwaltungsorganisation zunächst auf die Aktivitäten der von den Militärkommandanten
eingesetzten Bürgermeister und Landräte beschränkte, traf auch für Kenzingen zu. Als
eine der ersten Maßnahmen verfügten die Franzosen - wie auch in anderen Städten -, daß die
Kenzinger Einwohner ihre Radios und Fotoapparate abgeben sollten. Als großer Verlust wurde

72 Aufsatz Fuchs, S. 6.

73 Bericht Marquardt, S. 17.

14 Die Geschichte der Stadt Kenzingen, Bd 1, S. 311.
75 Ereignisse, S. 13.

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