Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 17
(PDF, 62 MB)
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Gegen diesen Anspruch des Kaisers konnten sich die Bischöfe von Speyer als Konkurrenten
um die Vogtei zunächst nicht durchsetzen, die Vogtei des Reiches rückte die bischöflichen
Ansprüche in den Hintergrund. Noch 1231 erkannte Bischof Berengar von Speyer die Vogtei
des Kaisers, in diesem Fall Friedrichs IL, des Enkels Barbarossas, über Maulbronn an. Somit
schien Maulbronn ein Reichskloster geworden zu sein, doch bereits 1237 verlieh der Nachfolger
Bischof Berengars die niedere Vogtei über Maulbronn den Herren von Enzberg, die seine
Ministerialen waren, und nahm das Kloster in seinen Schutz. Zu dieser Änderung war es
gekommen, weil Kaiser Friedrich II. mittlerweile vom Papst gebannt worden war und sich
außerdem in Süditalien bzw. im Heiligen Land aufhielt. Diese Schwächung der kaiserlichen
Macht nutzten die Bischöfe, um das Kloster stärker an sich zu binden. Der Status eines Klosters
als Reichskloster war nur dann unanfechtbar, wenn die herrscherliche Macht stark war.
Maulbronn war aber keineswegs gewillt, diese Einflussnahme des Bischofs auf seine Vogtei-
angelegenheiten einfach hinzunehmen: Es kämpfte um seinen Status als Reichskloster, und im
Februar 1255 gelang es den Maulbronner Mönchen, König Wilhelm von Holland dazu zu
bewegen, in einer Urkunde zu dokumentieren, dass allein dem Reich die Schirmherrschaft über
das Kloster zustehe. Dies musste der König aber schon wenige Wochen später widerrufen, weil
aus den Urkunden der Speyerer Bischöfe ersichtlich war, dass Maulbronn von der Speyerer
Bischofskirche gegründet sei und daher dem Bischof die Vogtei zustehe. Somit konnte der
unerfahrene König nichts gegen die bischöfliche Argumentation ausrichten.

Ende der 1260er Jahre kam es dann zum Zerwürfnis zwischen dem Bischof und den Herren
von Enzberg, nachdem letztere die Vogtei über Maulbronn als eine Art von erblichem Recht
betrachtet hatten. Der Bischof unterstrich seinen Anspruch auf die Verleihung der Vogtei über
Maulbronn durch eine vom 17. Mai 1270 datierte Urkunde, in welcher der Bischof, Heinrich
mit Namen, darauf pochte, dass Maulbronn von seinem Vorläufer Gunther gegründet worden
sei und der Maulbronner Grund und Boden von einer Schenkung Gunthers an die Mönche von
1147 stammte. Diese Urkunde von angeblich 1147, die als Vidimus in der Urkunde vom 17.
Mai 1270 enthalten ist, war jedoch gefälscht. Trotzdem gelang es dem Bischof schließlich, sich
gegen die Ansprüche der Enzberger durchzusetzen, deren niedere Vogtei über das Kloster
damit endete.

Der Zwist um die Vogtei fand einstweilen 1273 ein Ende, als König Rudolf von Habsburg das
Kloster wieder in den Schutz des Reiches nahm. Als sieben Jahre später der Bischof von Speyer
die Schirmherrschaft über Maulbronn erhielt, war sie ausdrücklich als Lehen des Reiches
gedacht. Im Jahre 1366 stellte Kaiser Karl IV. in einer Urkunde erneut klar, dass die Schutz-
vogtei über Maulbronn ein Reichslehen sei. Er gab diese damals dem Pfalzgrafen bei Rhein zu
Lehen. Seine Nachfahren übten dieses Recht im Auftrag des Kaisers aus. Im 15. Jahrhundert
ist Maulbronn regelmäßig in den Reichsmatrikeln, dem Verzeichnis der Reichsstände, erwähnt,
so dass es als Reichskloster bezeichnet werden kann.

Erst 1504 erhielt Herzog Ulrich von Württemberg die Maulbronner Vogtei als Lehen von Kaiser
Maximilian. Dies sollte für die letzte Phase in der Geschichte des Klosters Maulbronn eine
entscheidende Rolle spielen.

Wir haben gesehen, welch großes Interesse die weltlichen und bischöflichen Machthaber hatten
, über das Vehikel der Vogtei Einfluss auf die Zisterzienserklöster zu gewinnen, die mit
ihren Besitztümern von erheblichem strategischen Interesse waren. Die Klöster ihrerseits
konnten bei allem Streben nach weitestgehender Autonomie nicht auf den Schutz und die
Gerichtsbarkeit verzichten, die ihnen eine Vogtei bot.

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