Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
26. und 27. Jahrgang.2006/2007
Seite: 50
(PDF, 62 MB)
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Zeichen an den breitkrempigen Hüten weisen darauf hin, dass mindestens die Männer schon
manchen Wallfahrtsort aufgesucht haben. Auch andere Reisende trugen solche Hüte; sie schirmen
das Gesicht gegen die Sonne und sorgen dafür, dass der Regen nicht in den Nacken läuft.
Unentbehrlich war der lange, oft ärmellose Mantel; er schützte gegen Regen und Kälte, nachts
diente er als Decke. Derbe Schuhe, wie die vier Pilger sie tragen, sollten für den täglichen
Fußmarsch geeignet, also 'eingelaufen' sein; doch waren viele Menschen barfuß unterwegs -
aus Armut, zur Buße oder weil das Schuhwerk bei Hitze unerträglich war.

Eher noch als Erwachsene müssen Kinder von Zeit zu Zeit ein wenig trinken. Unsere Pilger
tragen Flaschen mit sich; als Gefäß eigneten sich ein ausgehöhlter Kürbis, eine Tierblase oder
ein Krug; gegebenenfalls führte man größere Mengen Wasser in Lederschläuchen mit. Den
Stab, ein weiteres Attribut von Pilgern, wussten auch andere Reisende zu schätzen. Zwischen
zwei Knäufen läuft er glatt in der Hand; er bietet Halt im Gebirge und beim Durchwaten von
Gewässern; mit ihm kann man einen schmalen Bach überspringen und sich bösartiger Tiere
erwehren. Man sollte allerdings das Recht des durchzogenen Landes achten; denn ein mit einer
Metallspitze bewehrter Stab - wie der in der Hand des Mannes in der Bildmitte - konnte als
unerlaubte Waffe angesehen werden und seinem Besitzer eine lange Galeerenstrafe eintragen.
Weit in die Vergangenheit reicht der Grundsatz zurück 'Unwissenheit schützt nicht vor Strafe'.

Solchen Gruppen begegnet man auch heute auf Fernwanderwegen. Wichtiger als Verbesserungen
in der Kleidung (atmungsaktive Textilien, den Füßen optimal angepasste Schuhe) ist ein
Zubehör, von dem Anfang des 16. Jahrhunderts niemand geträumt hat: Mit dem Mobiltelefon
hat man rasch Hilfe gerufen - etwa im Falle einer Blinddarmentzündung.

Unsere Pilgergruppe hält inne, vielleicht, damit das Kind ein wenig verschnaufen kann. Doch
gehörten Kinder auf eine Wallfahrt? Es gab triftige Gründe, sie mitzunehmen. Sie konnten
nicht unbeaufsichtigt daheim bleiben; persönlich sollten sie am Ziel für eine erfahrene Wohltat
danken oder um eine ersehnte Gnade bitten. Kinder lernen schnell; das gilt für Sprachen,
das Verhalten Fremden gegenüber und in der Fremde. Tag um Tag bekamen sie mit, dass man
den Wirt und den Fährmann in Gegenwart von Zeugen bezahlt; wie man aus Anzeichen auf
Unsicherheit schließt; dass man finsteren Wald tunlichst meidet (im Hintergrund sehen wir einzelne
Bäume, einen Bildstock sowie Architektur, Zeichen dafür, dass die Gegend belebt ist).
Wer als Kind Menschen-, Landes- und Sprachenkenntnisse erworben hatte, fand sich als
Erwachsener in der Fremde leichter zurecht; er war gefragt, wenn weniger Erfahrene einen
geeigneten Reiseleiter suchten.

Zwar überwogen unter den Reisenden erwachsene gesunde Männer. Doch könnte das Zahlenverhältnis
auf unserem Holzschnitt der Wirklichkeit recht nahe kommen. Wie auch andere
Bild- und Schriftquellen zeigen, war auf Weg und Steg auch mit Frauen und Mädchen zu rechnen
. Bäuerinnen trugen Eier, Schinken, Honig, Käse und andere Halb- oder Fertigprodukte
zum Markt. Auf Frauen lastete die Erziehung der Kinder. In Notlagen - unversehens hatte dieses
sich verbrüht, war jenes in einen Weiher gefallen - gelobten Frauen häufiger als Männer
eine Wallfahrt. Auch wenn von geretteten Männern die Rede ist, hatten Frauen oft einen Heiligen
angerufen. Da ihr Gebet mancherorts als besonders wirkmächtig galt, haben sie häufig
eine Bittfahrt unternommen und das behinderte Kind oder den kranken Ehemann an eine heilige
Stätte begleitet.

Hausordnungen von Spitälern und Armenherbergen sahen Mütter mit kleinen Kindern vor.
Vielleicht stellte sich erst Wochen nach dem Aufbruch eine Schwangerschaft heraus. In Mirakeln
, Aufzeichnungen von als wunderbar geltenden Ereignissen, heißt es dann, diese Frau sei

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