Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
28. und 29. Jahrgang.2008/2009
Seite: 77
(PDF, 48 MB)
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VI.

Gleich bei seinem ersten Besuch in Kenzingen hatte Arnold die Bedeutung der St. Lorenzkirche
als Monument erkannt, spricht er doch in seinem oben erwähnten Schreiben vom 1. Juni
1819, in welchem er die Neugestaltung der Kirchtürme in Vorschlag bringt, ausdrücklich von
„dieser so vortrefflichen Pfarr=Kirche"26. Zwischen seinen Zeilen vermeint man herauszulesen
, dass es ihm eine aufrichtige Herzensangelegenheit war, sie in all ihren schadhaften Teilen
instand zu setzen. So engagiert er die nötigen Maßnahmen einleitete, um dem gänzlichen Verfall
der Kirche zu begegnen, machte er bald die Erfahrung, dass man seine Ansichten nicht
immer teilte, ihnen mit einer gewissen retardierenden Gleichgültigkeit eher halbherzig begegnete
. Und dann war da noch der Pfarrer, der ihm ungewollt Schwierigkeiten bereiten sollte. Er
hieß Joseph Wild27, war neu in Kenzingen und nicht sonderlich angetan von dem, was er dort
vorfand. Die Kirche hielt er für kein Meisterwerk der Architektur und angesichts seiner höheren
Bildung fühlte er sich berufen, Arnold in noch mehreren Dingen zu widersprechen. Erst
recht nicht angetan war er von seinem neuen Domizil, dem Pfarrhaus, das in seinen Augen so
etwas war wie eine baufällige Baracke. Schön war es vielleicht wirklich nicht mehr und standesgemäß
wohl auch nicht. Es kann durchaus sein, dass der „Baugegenstand Pfarrhaus" die
Ursache für den sich anbahnenden Konflikt zwischen dem Pfarrer und dem Architekten gewesen
ist, der im Verlauf der folgenden Jahre auch die Renovierungsmaßnahmen der Kirche
erschwerte, denn statt eines erwünschten Häuslebaues befürwortete Arnold bloß eine umfassende
Instandsetzung des Hauses. In seinem Schreiben an das Kreisdirektorium vom 28. Juni
1819 brachte er zwar ebenfalls den beklagenswerten Zustand des Hausinneren zum Ausdruck,
hielt aber die Meinung des Pfarrers, überall „nur schauervolle Gräuel der Verwüstung" zu
erblicken für „ unbegründet und übertrieben ". Den Erhalt des Gebäudes rechtfertigte Arnold
mit den noch „stabilen Mauern" und dem „soliden DachstuhV1Er handelte so ganz im Sinne
des auf Sparsamkeit bedachten Staates und im argumentativen Bewusstsein, staatliche Zuwendungen
für die Kirche zu erhalten.

Was zu tun und zu lassen war, wusste Arnold genau einzuschätzen. Die Behörden für seine
Maßnahmen zu gewinnen, war nicht einmal so schwer, da ihm Pfarrer Wild im Rahmen seiner
schriftlich vorgetragenen Beanstandungen oft die passende Vorlage gab. Mit der Emphase seiner
glühenden Predigten wandte der sich am 27. Juli 1819 in einem langen Brief an das Kreisdirektorium
, den er mit folgendem Passus einleitete: „Ich will die hiesige Kirche nicht schildern
, das Einzige sey gesagt: in heiliger Andacht kann der Betende nicht erglühen, weil er sich
in keiner Wohnung der Gottheit wähnt. So ekelhaft ist der Anblick unserer mit vieljährigem
Schmutze und Staube bedeckten Kirche!"

Eigentliches Anliegen seines Schreibens war, die Kirche zu „ weißen " und dadurch wieder „ in
einen Tempel des Herrn umzuwandeln ". Dass für einen neuen Innenanstrich grundlegende Vorarbeiten
notwendig waren, versteht sich von selbst. Unverzüglich übermittelte Arnold der
Behörde am 2. August den entsprechenden Kostenvoranschlag ad 878 fl 48 kr, der auch den
neuen Anstrich einbezog. Am 9. August - die Angelegenheit erlaubte keinen Aufschub - brachte
er zum Ausdruck, zunächst „ die Dachungen " instand zu setzen, „von denen die Erhaltung
des ganzen Gebäudes " abhänge, und sich dessen Herstellung erheblich verteuere, wenn sie
nicht unverzüglich in Angriff genommen würde. Obwohl die Jahreszeit zum Bauen günstig
war, geschah nichts. Im Frühjahr 1820 begann die Prozedur von Neuem. Am 1. März erinnerte
Pfarrer Wild an die „ nicht mehr zu verschiebende Reparation " seiner Kirche. „Soll", so
brachte er vor, „ das Christenthum, an welchem die wilden Stürme der Zeit so viel verwüstet

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