Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
30. und 31. Jahrgang.2010/2011
Seite: 7
(PDF, 63 MB)
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St. Urban als Papst und als Patron der Reben.
Frömmigkeit, Heiligenverehrung und Berufsstand*

Michael Prosser-Schell
I.

Die Statue des heiligen Urban in der Kenzinger Stadtkirche (Abb. 1) erinnert wie ein Denkmal
an einen der legendären Gründungsväter des Papsttums - Urban L, Pontifikat um 222 bis 230,
Festtag 25. Mai -, den die Berufsstände des Winzer- und Weingewerbes im Mittelalter zu ihrem
Patron erkoren haben. Deshalb trägt seine Figur sowohl die alten Zeichen der römischen Oberhirten
- Tiara und Dreifachkreuz - als auch die Rebenpflanze bzw. die Traube als Attribute. So,
wie das schöne, typisch prachtvoll vergoldete und strahlend weiß geschliffene Exemplar aus der
Kenzinger Pfarrkirche um 1734 gefertigt wurde, wahrscheinlich für die örtliche „Rebzunft"1
aufgestellt, stammen viele Figuren am badischen Oberrhein und im Elsaß aus einer Hochzeit
der Heiligenverehrung, aus dem Barock. Weitere bemerkenswerte Exemplare stehen etwa in
Wasenweiler, hier ein von der Kunsthistorik hoch ästimiertes Meisterwerk aus der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts von Fidelis Sporer2. Eine gemalte Figur auf dem Zunftschrank der durch
Lazarus Schwendi initiierten Zunft der „Bauern und Rebleute" findet man in der Kirche St. Pankratius
in Burkheim, zusammen mit den Prozessionsstangen der Zünfte ebenfalls aus dem 18.
Jahrhundert3. Schwendi hatte nicht nur die Gründung der Rebleute-Zunft schon 1571 angeregt,
sondern möglicherweise von seinen Feldzügen in Ungarn auch eine Tokayer Rebsorte nach
Burkheim gebracht. In Endingen a.K. wird heute noch eine barocke Prozessionsstatue der Zunft
der Weinleute aus dem 18. Jahrhundert an hohen Festtagen demonstrativ durch die Strassen getragen
. Auch im Pfarrsaal von Bötzingen befindet sich eine Figur, die jedoch bislang nicht genau
datiert werden kann. Erwähnt werden sollten zudem die Urban-Figuren von Niederrotweil:
Kaum jemand weiß noch, dass im Innenraum der Kirche im frühen 18. Jahrhundert eine barocke
Plastik am rechten Seitenaltar aufgestellt worden war, die stilistisch der Kenzinger Statue durchaus
ähnelte. Eine Fotografie vor 1914 zeigt noch die barockisierte Situation: Die Urbanstatue
trägt Tiara, dreifaches Papstkreuz und Traubenknäuel in der linken Hand (nach einer alten Aufnahme
im Landesdenkmalamt Karlsruhe)4. Diejenige Figur indessen, die heute noch in Niederrotweil
betrachtet werden kann, stammt bereits aus dem Spätmittelalter. Sie wurde in das
Figurenensemble des Altars gestellt, wird zusammen mit der Herstellung des Altars „ um 1500 "
datiert, dürfte aber älter sein als der Altar selbst5. Im Freiburger Stadtteil Herdern, einem alten
Weinort, ist Urban sogar Kirchenpatron. Das Patronat und die Urbaniprozession mit der barocken
Statue beschreibt eine neue ortsgeschichtliche Monografie zum Jahr 1637 (Abb. 2). Seit 1652
ist dort eine Prozessionsfigur belegt6. Die vom Weinbau lebenden, katholischen Siedlungen am
südlichen Oberrhein und um den Kaiserstuhl haben eine besonders reiche Zahl an markanten
Heiligenbild-Exemplaren aufzuweisen, vermutlich auch deshalb, weil dort die Konfessionen
von Nachbarort zu Nachbarort wechseln konnten und man Identitäts- bzw. Abgrenzungsmerkmale
sichtbar machen wollte und sollte.

Für das Elsaß sei zunächst auf die Prozessionsfigur vom „Anfang des 18. Jahrhunderts"7 aus
Burnhaupt verwiesen, die heute im Elsässischen Museum in Strasbourg zu besichtigen ist (ein
Werk aus geschnitztem und bemaltem Holz). In den Rebfluren bei Dambach-la-Ville steht in der
Kapelle St. Sebastian eine St.-Urban-Altarfigur ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert8 (Abb. 3).

* Schriftfassung eines Vortrags, gehalten am 18. September 2009 in Kenzingen.

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