Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 203
(PDF, 62 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2013-32-33/0205
Als der Krieg zu Ende ging.
Zeitzeuge Reinhard Müller
aus Hecklingen berichtet*

Herbert Wieczorek t und Joachim Striebel

„Es war Freitag am Abend und noch hell" am 20. April
1945. An der Hecklinger Brücke über die Elz, die Teil
der Reichsstraße 3 von Frankfurt nach Basel war, schoben
Wache der 16-jährige Reinhard Müller, bewaffnet
mit einem „Schnellfeuergewehr, eine Art Kalaschnikow,
wie sie nur Fallschirmjäger hatten " und 140 Patronen,
sowie der wachhabende Offizier und Vorgesetzte, ein
„Leutnant der Waffen-SS, etwa 35 Jahre alt, aus der
Ukraine", dessen Verband, die 19. Armee, die Aufgabe
hatte, die von jenseits des Rheins herannahenden französischen
Truppen zu stoppen.

Die Brücke war für eine Verteidigung vorbereitet. „Pioniere
der Wehrmacht" versahen an den drei mittleren Jochen der steinernen Brücke, oberhalb
des Wasserspiegels an Holzklötzen ruhend, „ Mordstrümmer von Bomben, jede etwa 200 kg
schwer ", mit Zündmechanismen und verbanden sie mit einer langen Zündschnur mit dem im
benachbarten Wald befindlichen Auslöseapparat, der mit einer Zeltplane vor Wetter geschützt
war. „An die Bomben und den Auslöseapparat durften wir Pimpfe nicht hin. Das war streng
verboten."

Der „Feind", die französischen Truppen, näherte sich der Brücke nicht auf der Reichsstraße,
sondern „ auf der alten Straße entlang der Hügelkette. Ich hörte und sah bereits die Schützenpanzer
der Franzosen". „Junge geh' zurück, geh'jetzt nach Hause, ich sprenge", sagte zu
Müller der Offizier. Müller ging. Als er den Bergrücken erreichte, Hecklingen im Blick, hörte
er eine fürchterlich laute Detonation und „die Brocken flogen umher": der Offizier hatte den
Zündmechanismus ausgelöst und die Brücke gesprengt. Menschen erlitten keinen Schaden.
Nur die Brücke war ein Trümmerhaufen.

Für Müller und seinen Leutnant waren es die letzten kriegerischen Aktionen. Der Offizier war
danach nicht mehr gesehen worden. „Er ließ sein Fahrrad stehen, wahrscheinlich machte er
sich über den Schwarzwald auf den Weg, um seine Truppe zu finden, die Richtung Sonthofen
aufgebrochen war. " Reinhard Müller und sein Freund Ruprecht Gerlach „verdolbten" später
ihre Waffen auf dem Burgberg. Reinhard wartete mit der Mutter und seinen Geschwistern auf
den „Feind" im Elternhaus in Hecklingen. Der Ortspfarrer, Stephan Müller, „ ein kleiner Mann,
er konnte französisch, ist dem Feind auf der Straße ohne weiße Fahne entgegengegangen ".
Dann passierte das Übliche, wenn Besatzungstruppen in einen Ort einziehen.

Reinhard Müller wuchs in Hecklingen, einem 600 Einwohner großen Dorf, in einer Familie mit
acht Geschwistern auf. Es war ein kleinbäuerlicher Nebenerwerbsbetrieb. „ Wir hatten Ziegen
und Hasen im Stall, einen kleinen Weinberg hatten wir auch. " Ab Herbst 1944 beherbergte die

Das Gespräch mit Reinhard Müller führten Herbert Wieczorek (t) und Joachim Striebel am 8.10.2009.

Abb. 1: Reinhard Müller, Hecklingen.
Foto: Herbert Wieczorek

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