Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
32. und 33. Jahrgang.2012/2013
Seite: 204
(PDF, 62 MB)
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Familie vier Ukrainer, die zur 19. Armee gehörten. „Die schliefen in der Scheuer. "Als er zehn
Jahre alt war, durfte er in Weisweil Adolf Hitler zujubeln, als der 1938 den Westwall inspizierte
. Reinhard Müller wurde Mitglied bei der Flieger-Hitlerjugend. 1944, als er 15 Jahre alt
war, ordnete der Hecklinger Ortsgruppenfuhrer, Alois Burkhart, im Vollzug der Anweisung von
Reichsführer Adolf Hitler zur Verteidigung des Westraumes, Müllers vormilitärische Ausbildung
an. Reinhard wurde zunächst für drei Monate zum Dienst am „ Schanzengraben " bei St.
Die beordert, um Panzersperren zu montieren. „ Untergebracht waren wir in einer ehemaligen
Spinnerei. Alle meine Freunde von der HJ, also elf Personen, zusammen mit dem Köndringer
Lehrer Erb, einem entschiedenen Nazi, haben dort Dienst geschoben. " Danach wurde er, zusammen
mit seinem gleichaltrigen Freund aus der HJ Ruprecht Gerlach aus Hecklingen, für
zwei Wochen auf den Truppenübungsplatz Senne bei Paderborn zum Grundwehrdienst und
zur Ausbildung an den Waffen, u.a. an der „Panzerfaust" geschickt. Später war er 14 Tage zur
Winterausbildung, auch Skifahren, auf dem Kandel. Er war auch noch im Schwäbischen in
Münsingen, „ aber mit der Fliegerei, die ihn begeisterte, wurde es nichts ".

Ab Herbst 1944 wurde Reinhard Müller zusammen mit elf anderen Mitgliedern der HJ aus
Hecklingen der Jahrgänge 1928 und 1929 vom Ortsgruppenleiter abgeordert zur Wache an der
Brücke. Es war ein 12-Stunden-Dienst, Tag und Nacht. Jeweils ein Jugendlicher und der wachhabende
Offizier bildeten die Wache.

Im März 1945 schickte man Reinhard Müller mit Ruprecht Gerlach nach Sasbach bei Bühl/
Baden zu einer Fliegerabwehr-Einheit. Er war der Kanonier an „ einer Vierlings-Flak im Kaliber
40 mm ".

Reinhard Müller erinnert sich: „Eines Morgens, es war Karfreitag, der 30. März 1945, sahen
wir, wie ein Bäuerle mit einem Kuhgespann auf der Reichstraße 3 unterwegs war, Grünfutter
zu holen. Plötzlich erschienen - wie jeden Tag zuvor - zwei kanadische Aufklärungsflugzeuge,
wir nannten sie Max und Moritz. Sie waren für unser Geschütz unerreichbar. Sie setzten nun,
entgegen ihrem bisherigen Verhalten, zum Tiefflug an und beschossen das Bäuerlegespann. Wir
haben ein Flugzeug am Höhenruder und der Tragfläche erwischt. Der Pilot konnte sich mit dem
Fallschirm retten und wurde vom Offizier der Flak-Einheit abgeholt. Aber wie sie das Gespann
zurichteten, die Kühe waren in Stücke zerrissen, der Wagen zerstört - das ist mir noch heute in
lebendiger Erinnerung. Das war schrecklich. Der Bauer konnte sich retten, er blieb unverletzt.
Der alte Mann heulte wie ein Kind. Ich kriege dieses Bild bis heute nicht mehr los. " Es war
Reinhard Müllers einziges hautnahes Kriegserlebnis.

„Anfang April wurde mir und meinem Freund befohlen, wieder nach Hause zu gehen: ,Das
Regiment wird verlegt.' Wir sollen gucken, dass wir nach Hause kommen. " Der Zugverkehr
funktionierte nicht mehr. „ Wir sind auf einen Güterzug aufgesprungen, der uns nach Offenburg
brachte. Von dort aus liefen wir an der Bergstraße, auf Schleichwegen, nach Hause. Wir waren
hungrig und bettelten ums Essen. Unterwegs — daran denke ich noch heute - hat uns eine Bäuerin
Bratkartoffel mit Milch zubereitet. "

In Hecklingen angekommen, meldeten sie sich beim Ortsgruppenführer und wurden wieder
zum Dienst an der Brücke abkommandiert.

Nach Kriegsende wurde Reinhard Müller 1945 in Freiburg vom französischen Militärgericht
entnazifiziert. Das Gericht war ihm nicht gut gesonnen. Als 16-Jähriger bekam er eine Strafe
von drei Jahren auf Bewährung. Das hat ihm später Probleme bereitet, da ein Vermerk dieses

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