Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 211
(PDF, 66 MB)
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abrechnen. Dann sollte das Hakenkreuz endgültig das Kreuz verdrängen. Einstweilen
wurden zumal die Katholiken schikaniert, wo es ging. Das ,Zentrum',
eine ihnen nahestehende Partei, die in Kenzingen noch im November 1932 bei
den Reichstagswahlen die meisten Stimmen gewonnen hatte, wurde zur Selbstauflösung
gezwungen; katholische Vereine wurden aufgelöst und ihr Vermögen auf
nationalsozialistische Organisationen übertragen.

Das Regime hat (fast) jeden an irgendeiner Stelle in seinen Dienst gestellt - etwa
den Schreiber, der auf einem Amt,Erbkranke' erfasste, die unfruchtbar gemacht
wurden, und die Hebamme, die behinderte Kinder zu melden hatte, die im Rahmen
der , Euthanasie'-Aktion umgebracht wurden.

Das eingeklammerte ,fast' verdient Erläuterungen. Schließlich gab es auch Protest
, Verweigerung und sogar Widerstand. Dieser bekannte sich weiterhin bei der
Fronleichnamsprozession für alle sichtbar zu seinem Glauben; jene blieb ostentativ
einer Volksabstimmungen fern; wieder andere lehnten es ab, der NSDAP oder
der Hitlerjugend (HJ) beizutreten. Sie mussten dann mit Nachteilen in Schule
oder Beruf rechnen. Dass das Regime nicht fackelte und selbst hochgestellte eigene
Parteigänger meuchelte, erfuhren die Kenzinger aus ihrer Zeitung; so lautete
im Juli 1934 die Schlagzeile kurz und knapp: „Röhm erschossen ".

Lockungen ergänzten den Terror: Ehestandsdarlehen machten es jungen Frauen
schmackhaft, auf ihre Stelle zu verzichten, zu heiraten und einen Arbeitsplatz
freizugeben. Mit Reichsdarlehen und viel Eigenhilfe wurden ,Siedlungsbauten'
errichtet, etwa im Gewann ,Balger'; in ihnen konnten kinderreiche Familien gesund
wohnen. Die Siedler gewannen einen Teil ihres Nahrungsbedarfs aus dem
großen Garten und dem eigenen Stall. Das stärkte die Selbstversorgung, ist aber
auch als Autarkiemaßnahme mit dem Blick auf den geplanten Krieg zu verstehen.
Mit wenigen Maschinen und viel Knochenarbeit wurden nach Plänen früherer
Regierungen Autobahnen gebaut. Auf denen würde man Truppen von einer Front
zur anderen verschieben können. Der Kauf von Motorrädern und Autos wurde
gefordert; die Motorisierung sollte ebenfalls die spätere Kriegführung erleichtern.

Mit großem Aufwand wurden Feste gefeiert: Tag der Arbeit, Erntedank, Heldengedenktag
. Frauen wurden mit dem ,Ehrenkreuz der deutschen Mutter' geehrt;
nachgebildet war es dem Eisernen Kreuz Erster Klasse, einer hohen militärischen
Auszeichnung. Der Pferdefuß: Die Mutter musste ,deutschblütig' sein, kein Großelternteil
durfte ,fremdrassisch' oder Jude sein oder der jüdischen Religion angehört
haben. Weiter musste die Mutter der Auszeichnung , würdig' und ,erbtüchtig'
sein und die Kinder lebend geboren haben. Waren die Bedingungen erfüllt, wurde
den Frauen im Rahmen geschickt inszenierter Feiern das ,Mutterkreuz' verliehen:
In Bronze für vier und fünf, in Silber für sechs und sieben Kinder, in Gold für
Mütter von acht und mehr Kindern.

Gefördert wurde erst recht die Jugend. Dank der Kinderlandverschickung konnten
sich Kinder aus engen Mietswohnungen als Gäste von Familien in Bombach

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