Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 289
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Wechsel der dominierenden Konfession. Zu den daraus resultierenden religiösen
Problemen traten wirtschaftliche hinzu, da die gravierende Missernte von 1816
eine Hungersnot bewirkte. Alle diese Faktoren ließen die Zahl der Auswanderer
nach oben schnellen. Während die meisten nach Übersee zogen, erinnerten sich
andere an den Aufruf des russischen Zaren Alexander I. vom November 1813, in
dem unter Zusicherung zahlreicher Privilegien für die Einwanderung in die neu
eroberten Gebiete geworben wurde.

Als eine große Gruppe der späteren Bewohner Neudorfs auf dem Weg ins Russische
Reich um 1818 die Donau herunterfuhr, erließ das Broder Grenzregiments-
kommando zur selben Zeit einen Aufruf zur Ansiedlung an der Militärgrenze,
dem 40 Familien Folge leisteten. Bis zur Fertigstellung ihrer Häuser durch scho-
katzische (kroatischsprachige) Grenzer 1819/20 hielten sie sich in evangelischen
Dörfern der Batschka (Klein-Ker [Backo Dobro Polje], Termerin, Werbas [Vrbas],
Schowe [Ravno Selo]) bei Verwandten auf. 1819, dem Gründungsjahr Neudorfs,
siedelten sich die ersten Familien an. Sechs Familien stammten aus Kleinsachsenheim
in Württemberg. Andere Familien waren aus den deutschen Dörfern der
Batschka zugezogen. Gemäß seiner dialektologischen Untersuchung von 1957
stuft Ulrich Engel die Neudorfer Mundart als rheinfränkisch ein, weshalb er das
Herkunftsgebiet des Gros der Neudorfer in der Rheinpfalz verortet3. Standen die
Häuser bereits bei der Ankunft, so mussten die Ansiedler Ställe und Schuppen
selbst bauen. Holz wurde kostenlos gestellt. Vieh und Geräte mussten nachträglich
bezahlt werden. Der Wiener Hofkriegsrat hatte den Siedlern auf zehn Jahre
Steuerfreiheit und gänzliche Befreiung von jeglichem Militärdienst für sie selbst
und alle in Deutschland geborenen Söhne zugesichert. An Land erhielten sie 17
Joch (= 9,8 ha): 3 Joch (= 1,7 ha) Ackerland und 14 Joch (= 8,1 ha) Wald, den die
Siedler selbst roden mussten. So wohnten Ende 1820 bereits 195 Einwohner in 45
Häusern. Hermann Haller konstatierte 1941: „ Von allen deutschen Ansiedlern in
Syrmien haben also die Neudorfer weitaus die meisten Vergünstigungen erhalten
und haben auch die geringsten Verluste aufzuweisen gehabt. Sie hatten aber auch
mit die schwersten Rodungsarbeiten zu leisten*. "

Die gesellschaftliche Verfassung der multiethnischen Grenzbevölkerung orientierte
sich an der slawischen Zadruga5. Bei dieser handelte es sich um ein patri-
lokales System der Güter- und Arbeitsgemeinschaft in Form einer Hausgenossenschaft
. Während bei den Slawen das Amt des Hausvaters wählbar war, wurde
es bei den deutschen Grenzern vom Vater auf den ältesten Sohn vererbt. War der
Hausvater verstorben, und hatten die männlichen Kinder das 18. Lebensjahr noch
nicht erreicht, so musste nach den Regeln der Zadruga die Witwe sich wieder
verheiraten. Der Hausvater besaß kein souveränes Recht über die zum Haushalt

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