Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
34., 35. und 36. Jahrgang.2014-2016
Seite: 294
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Vertretern der Deutschtumsideologie galt Novo Selo als Hort des Deutschtums.
Adalbert Pißler urteilte 1941: Die Neudorfer seien in ihrem Deutschtum wenig
gefährdet, „denn der Ort ist frei von fremdvölkischen Einwohnern geblieben, und
die Deutschen sind als Protestanten nicht den Einflüssen der nationalkroatisch
eingestellten römisch-katholischen Kirche ausgeliefert. Die deutsche evangelischlutherische
Kirche aber ist seit 1923 nach Ausscheidung aller übrigen Volksgruppen
zu einer Volksdeutschen Institution geworden "15. Auch ohne nationalistische
Verbrämung schreibt der Historiker Carl Bethke 2013: „Die Institution, die lange
Zeit am ehesten als , deutsch' in der kroatischen Gesellschaft gelten konnte, war
die Evangelische Kirche]6."

Gegen die deutsche Besatzung und das kroatische „Ustascha"-Regime, das Juden,
Serben und auch Kroaten verfolgte und ermordete, bildeten sich Partisanengruppen
, die sich in den letzten Kriegsjahren auch im Raum Vinkovci mit Überfällen
zur Wehr setzten. Wie in den Nachbardörfern wurde in Novo Selo eine Ortswache
aufgestellt, die das Dorf vor allem nachts bewachen sollte. Obwohl es keine Überfälle
gab, kam doch ein Vierzehnjähriger durch Partisanen zu Tode. Nachdem die
Front immer näher rückte und am 17. Oktober 1944 auf Vinkovci, Jarmina und
Novo Selo ein Bombenangriff erfolgte, wurde am 20. Oktober mit der Evakuierung
begonnen. Damals zählte Novo Selo 334 Häuser mit 1680 Personen, die sich
fast ausschließlich aus evangelischen Deutschen zusammensetzten. Während die
Pferdewagenbesitzer Trecks bildeten und zunächst im Böhmerwald und später in
österreichischen Lagern strandeten, waren andere mit der Bahn in Auffanglager
in Sachsen und Thüringen evakuiert worden. Nachdem die aus der Kriegsgefangenschaft
entlassenen Männer ihre Familien wiedergefunden hatten, suchte sich
zwar der größte Teil in Deutschland und Österreich eine neue Heimat, etliche
wanderten jedoch nach den USA, Kanada sowie nach Argentinien und Brasilien
und sogar nach Australien aus.

Mit dem Sieg der kommunistisch-dominierten Partisanenbewegung waren nun
„Ustascha"-Anhänger und Deutsche deren Willkür ausgeliefert. Schon Ende 1944
hatte die Partisanenbewegung die Enteignung und Aussiedlung aller Jugoslawiendeutschen
beschlossen. Wer nicht fliehen konnte oder wollte, wurde Opfer von
Massenerschießungen oder bis ca. 1948 unter unmenschlichen Bedingungen in
jugoslawischen Lagern festgehalten. Sowohl die in Novo Selo verbliebenen als
auch die nach Kriegsende wieder dorthin zurückgekehrten Bewohner kamen
meist in Lagerhaft, wo 33 Neudorfer wegen der elenden Bedingungen starben.
Hatten auf dem Gebiet der späteren Volksrepublik Kroatien 1931 ca. 99 000 Deutsche
gelebt, so waren es 1948 nur noch 10 000.

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