Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
37. und 38. Jahrgang.2017/2018
Seite: 215
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2018-37-38/0217
(sie erfolgte am 19. April 1945). Und: Im Fall ihres Todes, der ebenfalls jeden
Augenblick drohte, würde Gott ihr einen Ehrenplatz in den Reihen derer zuweisen
, die sich ihm geweiht hatten: Feierlich hatte sie gelobt, zeitlebens Armut,
Gehorsam und Keuschheit zu halten (heute wird letztere oft zu ,Ehelosigkeit'
verfälscht).

Das Pfarrhaus und die Schulen in friedloser Zeit

Nach dem Abzug der Wehrmacht (18. April 1945) kam es zu Plünderungen,
an denen sich außer russischen Kriegsgefangenen auch Einheimische beteiligten
, und zu Vergewaltigungen. „Für die folgenden Nächte war das Pfarrhaus
die Zuflucht für eine Anzahl Mädchen, die hier übernachteten "14. Von Juli bis
Ende September 1945 musste „das Pfarramt für die Verpflegung" von 26 ehemaligen
Kriegsgefangenen (aus den Kaiserwerken) sorgen; „eine immer schwierigere
Aufgabe", da die Lebensmittel „immer knapper" wurden; „doch großer
Opfersinn der Bevölkerung".

Der letzte Satz fehlt in den gedruckten Abschnitten der ,Chronik'. Marquart
lässt die Kürzung unbegründet und erläutert auch nicht, wie das Pfarramt die
anspruchsvolle Aufgabe gemeistert hat. Doch hat das beherzte Eingreifen des
Pfarrers, das auch beim Löschen, beim Dachdecken und beim Bergen eines toten
Volkssturmmannes deutlich wurde, das Ansehen der Kirche und ihrer Diener gemehrt
.

Mehrfach geht der Stadtpfarrer auf die Schulen ein. Nach den Sommerferien im
August 1944 blieben sie geschlossen. Stolz erklärt Marquart in einem Nachtrag:
„Religionsunterricht wurde zunächst im Pfarrsaal und in der Sakristei noch bis
Anfang Dezember 1944 gehalten, bis man die Kinder nicht mehr zusammenbringen
konnte, und im Mai 1945 in ähnlicher Weise gleich wieder aufgenommen "15.
Die Machthaber hatten jahrelang die religiöse Unterweisung der Jugend be- und
verhindert. Da galt es, ihren Propagandisten ein trotziges ,Wir schulen uns in unserem
Glauben auch unter widrigsten Umständen!' entgegenzuhalten. Mehr noch:
Mädchen und Jungen durften das Lesen, Schreiben und Rechnen nicht verlernen,
und sie mussten ,von der Straße weg', wo gefährliche Experimente lockten. In
der Kriegs- und Nachkriegszeit ist in Kenzingen wohl kein Kind beim Spielen mit
Blindgängern und Munition verunglückt. - Seit Dezember 1944 ließen sich „die
Kinder nicht mehr zusammenbringen ", weil sie in Haus, Garten und Stall zupacken
mussten; zudem wollten die Mütter (die Väter waren im Krieg) sie in ihrer
Nähe behalten. Folgt man der stellenweise tagebuchartigen ,Chronik', so nahmen
die Volksschulen im September 1945, die Oberschule am 7.1.1946 den Unterricht
wieder auf. Da das Schulgebäude von der Besatzungsmacht beschlagnahmt war,

14 'Chronik', S. 157. Das Folgende ebd., S. 160, als Nachtrag. Zur späteren Kürzung vgl. Göhri
(wieAnm. 1), S. 188.

15 ,Chronik', S. 148.

215


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2018-37-38/0217