Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 41
(PDF, 34 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2019-39/0043
Uber die Botschaft und Freunde der Familie lerne ich viele Ausländer kennen, die
in Rio wohnen. Stark vertreten sind die Amerikaner als Angehörige des „Peace
Corps", auch Deutsche und Franzosen. Wir nutzen unsere Wochenenden, um abgelegene
Inseln zu besuchen oder um das Gebirge mit seiner üppigen Natur zu
erkunden. Ich organisiere selbst diese Ausflüge, und wir fahren ab Rio entweder
mit dem Auto oder dem Schiff, je nach Ausflugsziel.

Ein brasilianischer Freund hat ein Haus in Büzios, dem brasilianischen Saint-
Tropez, wo sich auch Brigitte Bardot schon aufgehalten hat. Dieser Freund besitzt
ein zweites Anwesen im Gebirge, unweit von Teresöpolis, im Tal von Säo Fernando
. Dies ist regelmäßig unser Ziel. Wir besuchen aber auch andere Orte, die für
Botschaftsangehörige reserviert sind aber auch Clubs und Hotels.

Mir selbst ist so ein Vergnügungsleben stets fremd, und ich finde keinen besonderen
Spaß daran. Ich bin nicht materialistisch eingestellt, weder Samba noch jeden
Abend Fußball, selbst im Maracanä-Stadion, sind mein Ding.

Was soll ich nur machen? Nach Frankreich zurückkehren oder bleiben? Ich furchte
meine Freunde in Frankreich zu verlieren, wenn sich dieser Auslandsaufenthalt
zu sehr in die Länge ziehen sollte. Ich träume von Stürmen, Regen und einem
gemäßigten Klima. In Rio treffe ich viele Franzosen, seien es solche, die dienstlich
unterwegs sind, seien es Teilnehmer von internationalen Segel-Regatten oder
einfache Touristen.

Ich weihe meinen Onkel in die Absicht zur Rückkehr ein. Ich bin mir nicht sicher,
ob er meine Gründe versteht. Aber er begleitet mich zusammen mit Freunden am
31. Dezember 1971 zum Schiff „Pasteur". Das Schiff ist mir ja schon bekannt. Ich
kann meine Kabine auswählen, und treffe wieder die Belegschaft, die mich schon
bei der Hinfahrt betreut hatte, also fühle ich mich nicht fremd.

Ich habe insgesamt zwei Jahre und zwei Monate in Rio verbracht, ohne meiner
Familie eine einzige Frage zu unserer Geschichte gestellt zu haben! Lässt sich
so was nachvollziehen? Vielleicht nicht, aber es ist eine Tatsache. Es fallt mir
schwer, Fragen zu stellen. Dies ist inzwischen nicht mehr der Fall, aber nun ist es
ein wenig zu spät. All diejenigen, die mir etwas über ihr Schicksal erzählen und
näher erläutern könnten, sind nicht mehr unter uns.

Während meines Brasilien-Aufenthaltes gehe ich im Sommer 1970 für zwei Monate
in die USA, um einen Teil meiner Familie zu treffen, den ich bisher noch
nicht kenne. Nach vier Wochen in New York, wo mir brasilianische Freunde eine
Wohnung zur Verfügung stellen, fliege ich nach Washington, um Suitana und ihren
Mann Martin Rosenblatt zu treffen. Mit den beiden besuche ich alle großen
Museen, das Weiße Haus sowie die Umgebung der Stadt.

Danach reise ich nach Connecticut, um Fred Dreifuss zu treffen. Fred ist ein Cousin
meines Vaters; seine Mutter Karoline Epstein ist eine Schwester von Michael,

41


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2019-39/0043