Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 64
(PDF, 34 MB)
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der Maquisards, der Vetements des Chantiers de Jeunesse getäuscht worden waren
und die Angreifer für eigene Kameraden gehalten hatten. Der Verrat dieser
beiden Ehemaligen, die durch hohe Geldsummen gekauft worden waren, stellte
sicherlich für die überlebenden Kameraden und Familienangehörigen die eigentliche
Bitterkeit dieser Tragödie dar.

Und noch ein weiteres Verbrechen geschah gleichzeitig im nahen Sederon. Während
des Angriffs auf Izon durchsuchten deutsche Soldaten einer Feldgendarmerieeinheit
und der Gestapo mit Verbissenheit die Häuser der Stadt in der Hoffnung,
weitere versteckte Mitglieder der Resistance aufzuspüren. Da sie niemanden mehr
fanden, versammelten sie die Bevölkerung und die einheimischen Polizisten vor
dem Kriegerdenkmal. Ein deutscher Wehrmachtsoffizier erklärte, man werde zur
Strafe den jüngsten Polizisten als Geisel hinrichten. Ein unbeschreiblicher Augenblick
drückender Verzweiflung beherrschte diese Situation. Trotz der Tränen und
Schreie seiner Frau wurde der Gendarm Gamonet in ihrem Beisein vor aller Augen
erschossen. Auch der militärische Führer des Maquis Ventoux in Izon, Raymond
Razzioli, der zunächst mit erfrorenen Füßen in Sederon gefangen gehalten
worden war, dann fliehen konnte, wurde erneut gefasst und nach tagelangen vergeblichen
Folterverhören schließlich getötet. Auch bei diesen Verbrechen wurde
der Bevölkerung der Verrat der beiden Überläufer bewusst und offenbar, da sie in
der Gesellschaft der deutschen Besatzer in vertrautem Umgang gesehen wurden.
Dadurch war die Überwindung von Trauer und Schmerz für alle Beteiligten noch
schwieriger gemacht.

Soweit mein Bericht zu den Ereignissen von Izon-la-Bruisse und Sederon am 22.
Februar 1944. Man kann nachvollziehen, welche Augenblicke der Verzweiflung,
Wut, Trauer und Hoffnungslosigkeit Alfred Epstein in den letzten Stunden seines
Daseins durchlebt haben muss.

Nach Kriegsende wurde an der Straße von Eygalayes zum Col St. Jean der eingangs
beschriebene nationale Gedenkfriedhof errichtet. Die Gedenktafel enthält
seinen Namen (Abb. 1 und 2). Auf seinem Grabstein, der ihn als Bürger jüdischen
Glaubens ausweist, ist auch seine zusätzliche Namensbezeichnung vermerkt, die
im täglichen Umgang zur Geheimhaltung verwendet wurde: Ettere. Sein Leichnam
wurde später auf einem jüdischen Friedhof in Avignon beigesetzt (Abb. 9
und 10). Der Gedenkfriedhof enthält außer dem Grabstein von Alfred Epstein
weitere fünf Gräber von Opfern jüdischen Glaubens. Aus ihren Namen können
wir vermuten, dass einige davon deutsche Staatsbürger gewesen sein könnten:
Samuel Franck, Vater und Sohn Pinchus und Nathan Hoffmann, Andre Picard und
Jose Polak. Jose Polak war der Truppenarzt des Maquis Ventoux. Er hat im entscheidenden
Augenblick Pascal Perrin zu seiner Flucht ermuntert und ihm durch
seinen Körperschutz das Weiterleben ermöglicht. Auch ihr Opfer sollte nicht in
Vergessenheit geraten.

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