Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 82
(PDF, 34 MB)
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ßen? " Die Kinder bekamen dann als ein Andenken an dieses Ereignis ein Tütchen
aus wunderschön marmoriertem Papier, gefüllt mit allen möglichen Süßigkeiten.

Als das erste Enkelkind für beide Seiten der Familie wurde ich mit Liebe und Aufmerksamkeit
überhäuft (Abb. 3). Tante Meta, eine geschickte Damenschneiderin,
nähte mir gesmokte Seidenkleidchen; Oma und Opa in Freiburg schenkten mir
Plüschtiere. In Kenzingen hatte ich mehr als genug vernarrte Verwandte, die mich
hüten wollten. Es muss für meine Eltern eine riesige Herausforderung gewesen
sein, zu vermeiden, dass ich maßlos verwöhnt wurde. Aber nach guter deutscher
Art waren sie sehr genau, was Zeitpläne und generelles Benehmen betraf, und ich
musste strenge Regeln einhalten...

...Erinnerungen an diese frühen Jahre in Kenzingen beinhalten auch die vielen
Stunden, die ich mit meinen Großeltern zusammen verbrachte. Ich liebte es, Oma
beim Kochen zuzuschauen, besonders wenn sie Schupfnudeln machte. Es machte
mir viel Spaß, beim Rollen der Nudeln zu helfen.

Während der ruhigen Stunden eines Schabbat nachmittags saß ich oft auf Opas
Schoß und wurde mit Schokolade verwöhnt und von seinem Schnurrbart gekitzelt
, was nicht immer angenehm war, da Opa Schnupftabak benutzte, der sehr
streng roch und seinen weißen Schnurrbart senfgelb gefärbt hatte. Sobald ich alt
genug war, ging er mit mir spazieren, und es machte mir viel Spaß, hinter ihm
herzulaufen und seine Hände, die er hinter dem Rücken verschränkt hielt, zu kitzeln
. Ich liebte es, ihn zu necken, da er es immer mit Humor hinnahm. Er zahlte
es mir zurück, indem er vorsichtig meine Puppen auf den Kopf stellte, denn er
wusste, dass ich mich darüber sehr aufregen würde. Während eines Gewitters
ging ich immer zu ihm, da ich wusste, er würde mich in seinen Armen festhalten
und mir zeigen, wie wunderschön und gar nicht so Furcht erregend Donner und
Blitz wirklich sind...

III. Verscheucht wie ein räudiger Hund

1933 kam Hitler an die Macht. Das angenehme komfortable Leben unserer Familie
in Kenzingen kehrte sich ins Gegenteil wie das aller Juden in Deutschland.
Wir hatten das Pech, in einer Gegend Deutschlands zu leben, wo die Menschen
besonders nationalistisch gesinnt waren. Da die Region in vielen Kriegen die
Transitroute für die Armeen vieler Nationen war, wollten die Bürger Badens eifrig
beweisen, dass sie alle gute Deutsche waren, willens und bereit, die Erlasse
ihres Führers auszuführen. Verordnungen, anderswo in Deutschland vielleicht nur
halbherzig angewendet, wurden in unserer kleinen Ecke rasch und durchgreifend
in Kraft gesetzt. Hatte Mama bisher beim Anblick ihrer kleinen Familie Freude
ausgestrahlt, so stand ihr jetzt Todesangst ins Gesicht geschrieben. Der finanzielle

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