Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 100
(PDF, 34 MB)
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gewendet. Ich habe noch meine Schwester in London (95 Jahre) und einen Bruder
in Los Angeles (92 Jahre). Ich selbst bin schon über 82. Wuerde mich freuen mit
Ihnen in Kontakt zu bleiben... ".

Heimliche Erwartung

Mit Schreiben vom 9.8.1997 erbat ich von Bürgermeisterin Edeltraud Bart die
evtl. für die Stadtchronik schon verfassten Berichte über ehemalige jüdische Einwohner
und wies darauf hin, dass sich die Gemeinde noch nie mit Leo Epstein
in Verbindung gesetzt habe: ,JDas ist kein Vorwurf an Sie, Frau Bürgermeisterin
Bart, sondern eher an alle Ihre Amtsvorgänger seit Kriegsende. Die Tatsache
aber, dass Herr Epstein mir das mitteilt, zeigt doch eine heimliche Erwartung an
seine Heimat gemeinde. Wir Christen müssen uns erinnern... dies ist unsere Aufgabe
nicht die der Opfer' (R. v. Weizäcker). Noch ist es nicht zu spät... ".
Ebenfalls am 9.8. 97 antwortete ich an Leo Epstein: „Ihre Adresse habe ich von
Bekannten in Kenzingen erfragt..., nachdem mir auf dem Schmieheimer Friedhof
sieben Gräber aus Kenzingen aufgefallen waren. Die Bekannten konnten die
Adresse von Herrn Faller erfahren... Er scheint der Einzige zu sein, der eine
Adresse jüdischer Bürger hatte... Ich möchte mehr von Ihnen... aus der Erinnerung
an Kenzingen gerade auch aus der wenig guten Zeit ab 1933 erfahren. Die
jetzige junge Generation fängt an, nach der Geschichte zu fragen und bekommt
dann i.d.R. zur Antwort, man wisse nicht, wohin die Juden gekommen seien... ".
Am 11.8. 97 verwies mich Frau Bart an Dr. Jürgen Treff eisen, der als Koordinator
der einzelnen Themenbereiche für „ die noch nicht ganz fertiggestellte Kenzinger
Stadtchronik" zuständig sei. Von der Stadt Kenzingen erbat ein Robert Napoleone
am 13.8. 97 nähere Angaben zur Familie Epstein. Zwischenzeitlich hatte Annegret
(„Anne") Keßler, Vorstandsmitglied im Deutsch - Israelischen Arbeitskreis Südlicher
Oberrhein e.V. (DIA), sich des Themas angenommen und schrieb am 28.8.
97 an Frau Bart u.a.: „ Wäre es nicht ein Zeichen von Erinnern und Versöhnung,
wenn von Seiten der Stadt eine Einladung an ihre ehemaligen jüdischen Mitbewohner
ausgesprochen würde ?! Vielleicht könnten Sie diese Anregung einmal
mit Ihrem Stadtrat besprechen, solange noch Zeit dazu ist... ". Ab 2.9. 97 begann
sie einen intensiven Schriftwechsel mit Leo Epstein: „Herr Krais hat mich gebeten
, den Kontakt mit Ihnen auszubauen... vielleicht können Sie uns weiterhelfen
etwas Licht in das Dunkel der Geschichte der Juden in Kenzingen zu bringen. "
In der Folge stellte Anne Keßler Leo Epstein viele, auch sehr persönliche Fragen.
Am 25.11. 97 informierte ich Leo, dass der DIA „im Zusammenhang mit dem
Stadtjubiläum auch nach der (verdrängten und fast vergessenen) Geschichte der
ehemaligen jüdischen Gemeinde sucht... Dabei erwarten wir nicht schöne und
angenehme Berichte - solche beschönigenden Aussagen bekomme ich hier genug
- sondern besonders die Tatsachen, die Ihnen und Ihren Geschwistern damals das
Leben schwer machten und Sie zur Auswanderung trieben... ".

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