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Wie sehr dieses Besuchsereignis in Kenzingen die Gefühle und Gemüter bewegte,
zeigte sich dann am 15. Juli 1999, als sich im Kardinal-Bea-Haus auf Einladung
des Oekumenischen Altenwerkes viele Menschen einfanden, um mit den Gästen
ins Gespräch zu kommen. Dabei wurde deutlich, wie bekannt und beliebt vor
allem Leo Epsteins Vater Michael in der ganzen Umgebung war. Es kam dabei
auch zu Bekenntnissen von Scham und Reue; eine Situation, in der sich bei Nachgeborenen
die Ahnung von dämonischer Wirkungskraft inhumaner Ideologie aufdrängte
...
Als Ehrengäste auf dem Podium und mittlerweile durch Irene und James De Cou
komplettiert, waren die Epsteins am Sonntag, dem 18. Juli 1999 dann Zeugen der
Stadtfest-Eröffnung, was ihnen sichtlich gut tat.
Das Besuchsprogramm des Montags hatte den Kaiserstuhl im Fokus:
In Eichstetten, wo viele Generationen vor Leo Epstein lebten, war das Grab seiner
Großeltern erstes Ziel. Danach, hoch über dem Dorf auf dem Neunlindenturm,
warf er einen letzten Blick hinunter, wo einstmals reges jüdisches Leben herrschte
und wo Kurt Weills Vater als Kantor wirkte.
Auf Einladung des ehemaligen Lehrers am Kenzinger Gymnasium Josef Köll-
hofer, fand die Tagesfahrt zum Kaiserstuhl im Schloss Kiechlinsbergen ihren
krönenden Abschluss: für den Enkel des jüdischen Schriftstellers Karl Wolfskehl
(1869-1948) war es eine große Ehre, die Gruppe im gleichen Raum zu empfangen
, wie dies einstmals schon mit dem Religionsphilosophen Martin Buber geschehen
war.
Da Leo Epsteins Mutter Karoline als geborene Dreyfuß aus Kuppenheim bei
Rastatt stammte, war es sein besonderer Wunsch, auch dem dortigen jüdischen
Friedhof mit den Gräbern seiner Vorfahren einen letzten Besuch abzustatten. Dieser
Wunsch ging für ihn am Folgetag in Erfüllung, wobei die Besichtigung dieser
großartigen Anlage für alle anderen Reiseteilnehmer ein unvergessliches Ereignis
war.
Nach zwei Friedhofsbesuchen stand am Mittwoch dem 21. Juli 1999 auf besonderen
Wunsch von Eli Epstein ein Besuch beim Freilichtmuseum „Vogtsbauernhöfe
" bei Gutach auf dem Programm.
Gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung hielt Leo Epstein dann
am 22. Juli 1999 - 63 Jahre nach seinem letzten Schultag - im Gymnasium Kenzingen
vor einer 11. Klasse einen Vortrag über sein bewegtes Leben. Wie er dabei
schilderte, war es für ihn besonders bitter, als damals vertraute Mitschüler plötzlich
nichts mehr von ihm wissen wollten, weil die Judenhetze selbst vor Kindern
kein Halt mehr kannte. Gefragt, ob er sich eine Auswanderung nach Israel hätte
vorstellen können, erwähnte er, dass es ihm und seiner Familie in Brasilien immer
gut gegangen sei.
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