Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
39. Jahrgang.2019
Seite: 159
(PDF, 34 MB)
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net werden kann. Als eine überaus wichtige Aufgabe der deutschen Nachkriegsgenerationen
benannte Goergens, dafür zu sorgen, dass Juden in Deutschland
angstfrei leben und ihre Kultur entwickeln können. Weiter betonte er für Gegenwart
und Zukunft die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen Faschismus
und Fremdenfeindlichkeit, insbesondere aber auch die Notwendigkeit der
deutsch-französischen Freundschaft als Garant für den Frieden in Europa. Im An-
schluss überreichte er Robert Pinel die Fahne der VVN, die mit den blauweißen
Streifen an die KZ-Kluft und mit dem roten Winkel an die politischen Häftlinge
erinnert. Der Schwager von Robert Pinel war selbst politischer Häftling in Dachau
gewesen. Bernd Obrecht betonte seitens des Motorradclubs den Kampf gegen
den Faschismus in Deutschland und Frankreich, wobei er für Deutschland auf
die schleppende Aufklärung der NSU-Morde hinwies. Danach erinnerte Reinhold
Hämmerle an Alfred Epstein und verlas einen Brief des Kenzinger Bürgermeisters
Matthias Guderjan. Zum Schluss traten die Mitglieder des Motorradclubs vor das
Publikum und sangen unter Akkordeonbegleitung noch einmal das Moorsoldaten-
Lied. Die letzte französische Strophe sang der ganze Saal gemeinsam, ebenso wie
zwei italienische Strophen von „Bella ciao".

Zum Schluss bedankten sich Irene Epstein De Cou, die Bürgermeisterin und
Robert Pinel ausdrücklich bei den deutschen Freunden für den Besuch. Sie sahen
darin eine Ermunterung zum Kampf gegen Intoleranz und Rassismus, der sich
u. a. in den Attacken französischer Rechtsextremer gegen die Gedenkstätte, aber
auch in teilweise bis zu 40 % Wählerstimmen für den Front National in Gemeinden
der Region äußerte. Die Reden und auch das gemeinsame Singen hatten das
Eis zwischen Deutschen und Franzosen gebrochen, so dass die Veranstaltung in
einem gemütlichen Beisammensein mündete. Insgesamt bewahrheiteten sich die
Befürchtungen nicht, dass Nachfahren der Opfer gegen den deutschen Besuch
protestieren würden. Vielmehr kam man schnell miteinander ins Gespräch. Der
Abend klang auf der Ferme von Josette Fournie aus mit einem Menü, vielen Gesprächen
in vielen Sprachen, Wein, Liedern und Lachen.

Während der Fahrt war die juristische Ahndung des Massakers ein wichtiges Gesprächsthema
. Die Staatsanwaltschaft in Fulda und die Zentrale Aufklärungsstelle
in Ludwigsburg interpretieren es als Totschlag und nicht als Mord. Damit gelten
die Taten als verjährt. Die Namen aller beteiligten Deutschen mit Dienstgraden
der Division Brandenburg sind auch der deutschen Staatsanwaltschaft bekannt.
Einige beteiligte französische Milizionäre wurden in Frankreich zu geringen Strafen
verurteilt. Die Spur der Personen, die die 35 Maquisards an die Deutschen
verraten hatten, verliert sich in der Fremdenlegion.

Insgesamt ergab die Reise neue Kontakte, Einsichten und Anregungen. Es
war ein kleines Beispiel für ein „Europa von unten", wie sich Menschen mit
ähnlichen Interessen grenzübergreifend zu gemeinsamem Erinnern and

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