http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2019-39/0166
1870 bezog Heinrich Epstein das alte Haus am Kirchplatz 1 in Kenzingen. Sein
Sohn Michael übernahm den Mehl- und Kleinviehhandel. Er war in der Stadt ein
geachteter Mann, wie sonst hätte er dem Bürgerausschuss angehören können?
Das erste Kind aus der Ehe mit Lina Dreifuß war der Sohn Alfred. Als aufgeweckter
Junge besuchte er die örtliche Realschule. Im Kreis seiner Freunde war er
beliebt und gut integriert. Sein kaufmännisches Berufsziel führte ihn später nach
Luxemburg. Zuvor vermählte er sich mit Charlotte Fröhlich aus Butzbach. Die
Geschwister verließen schon in den 3Oer-Jahren das Elternhaus, um in England
und Brasilien ihr Glück zu machen. Die nationalsozialistische Rassenpolitik und
der ausbrechende Krieg zwangen den Juden Alfred zur Flucht nach Frankreich.
In den Reihen der französischen Resistance wollte er Widerstand leisten gegen
die deutschen Besatzer. Dies musste er mit seinem Leben bezahlen. Begraben ist
er auf dem jüdischen Friedhof zu Avignon. Während Ludwig und Bertha Dreifuß
(Abb. 3, Brotstraße 15) im Lager Gurs in Südfrankreich zu Tode gequält wurden,
starb Alfred Weil (Am Rossmarkt 23) an den Folgen von Erschöpfung im Lager
Lannemezan.
Abb. 3: Stolpersteine, die jährlich von der EINE-WELT-AG des Gymnasiums gepflegt
werden mit niedergelegten Rosen, 2015.
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