http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-2021-40-41/0194
Wirkung von Erinnerungskultur
Eine Nachlese zum Präsentationsabend am 23. Oktober 2019
Klaus und Roswitha Weber
Die Pforte zu lesen gehört für den einen oder anderen zu den schönen, aber auch
aktiven (anstrengenden) Freizeitgestaltungen. Um das Wissen der Neueren Geschichte
von Kenzingen zu steigern, dazu gehört auch die Geschichte des jüdischen
Lebens. Am Präsentationsabend der Pforte 2019 gab es die Möglichkeit, in
der frisch sanierten Aula des Gymnasiums Kenzingen auf dem Schulcampus zwei
Zeitzeuginnen kennenzulernen. Von der Großfamilie Dreifüss waren vier Generationen
aus den USA gekommen (Abb. 1 und 2) und Irene Epstein De Cou (Abb.3)
kam uns von Le Vesinet bei Paris besuchen.
Dies gelang wunderbar in Zusammenarbeit mit der Grundschule an der Kleinen
Elz Kenzingen und dem Gymnasium Kenzingen in Form der Moderation, musikalischen
Gestaltung (Abb. 4-6) und als Höhepunkt das Zeitzeuginnengespräch
mit Alice Dreifüss Goldstein und Irene Epstein De Cou auf der Bühne, geführt
von Schülerinnen der EINE-WELT-AG (Abb. 7). Alice und Irene, die erste Generation
, waren Zeuginnen der dunklen Zeit. Sie überlebten nach der Flucht in die
USA bzw. in Frankreich. Alice kehrte inzwischen schon viermal nach Deutschland
zurück, Irene sogar neunmal, um in Schulen in der Region vor jungen Deutschen
Zeugnis abzulegen über ihren leidvollen Lebensweg, jedoch voller Kraft
und Esprit. Beide haben ihre Lebensgeschichte auch in einer Biographie zusam-
mengefasst; Alice in „Normale Bürger - widrige Zeiten" und Irene in „VERLORENE
- VERGANGENHEIT - WIEDERGEFUNDEN". So gesehen dürfen wir
feststellen, Kenzingen hat auch zwei Schriftstellerinnen! Die beiden Frauen sind
ein lebender Beweis eines aktuellen gemeinsamen Erlebnisses. Hier gelang aktuelle
Erinnerungskultur.
Es blühte etwas auf in Kenzingen! Diese Blüte - wenn auch nur für wenige Stunden
- ist unsere Blüte, sie bereichert uns alle. Viele Gäste kamen und gedachten
dem Leid vor der Haustür, der Flucht ins Ausland, der Deportation und dem Weg
in den Widerstand.
Die Veranstaltung war wichtig, um zur Ruhe zu kommen und sich zu besinnen.
Hierzu hatte die Stadt Kenzingen für die Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und
Landeskunde in Kenzingen e.V. ca. 180 Gäste eingeladen und den Rahmen geboten
für Gespräche.
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