Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
36. Jahrgang.1909
Seite: 304
(PDF, 214 MB)
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304 Psychische Studien. XXXVI. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1909.)

Durch die körperliche Entwicklung wird also auch die
Psyche höher entwickelt: wie das Protoplasma sich höher
organisiert, so steigern sich auch die psychischen Funktionen
desselben und um so höher entwickelt, organisch und
psychisch, werden die Keimzellen sein, die der Organismus
abscheidet und aufbaut, um mit diesen Bausteinchen neue
Individuen erstehen zu lassen.

Das Gedächtnis ist also in seiner Anlage vererbbar
. Durch diese Vererbbarkeit erklärt nun der Neu-
Lamarckismus die Instinkte, und wie sehr berechtigt er
dazu ist, bitte ich meine Freunde besonders in dem prächtigen
Büchlein Dr. med. Hermann Decker's „ Lebensrätsel,
der Mensch biologisch dargestellt/ selbst nachlesen zu
wollen. Haben nun diese Gedankenreihen Verwandtes mit
denen der Helen Keller? Meines Erachtens ja! Auch sie
spricht von einem Gedächtnis „unter der Schwelle des
Bewußtseins/ genau wie der Neu-Lamarckismus, der damit
die Instinkte und die Vererbbarkeit der Gedächtnis-Anlage
und der psychischen Entwicklung erklären will. Und nun
frage ich als Okkultist: Stehen diese Gedankenreihen in
Beziehung zu unseren Anschauungen und Forschungen?
Auch diese Frage muß ich bejahen. Denn wir haben ja
das rätselhafte Gebiet der „Psychometrie*. Dort ist bewiesen
, daß die ganze Natur ein Gedächtnis für alles
Geschehen hat, man muß nur darin lesen können. Unseren
Somnambulen ist dies möglich, ebenso den Psychometern,
wie hundertfach bewiesen wurde. Und was ist das Hellsehen
anderes, als ein Lesen im unbewußt gewordenen
Gedächtnisse eines anderen? Bilder, die der andere längst
vergessen hat, steigen vor dem geistigen Auge des Hellsehers
auf und er sieht längst verstorbene Lieben, aus der
Erinnerung des anderen Menschen entnommen, als plastische
und handelnde Gestalten vor sich stehen, deren genaue
Beschreibung von Seiten des Hellsehers erst wieder jenes
längst vergessene Erinnerungsbild im Zuhörer wachruft.

So sehen wir, daß die Erinnerung nur ein Wiederwachwerden
eines Gedächtnisbildes ist, das die Schwelle des
Bewußtseins überschreitet und vor dem geistigen Auge
Leben und Gestalt erhält von der „Schöpferkraft der
Phantasie", von der Th. Bibot so Wunderbares zu erzählen
weiß. Doch bei Helen Keller ist ja in diesem Sinne noch
kein Gedächtnis vorhanden, da sie ja taub und blind geboren
wurde. Wie ist also dies zu erklären? Sollte sie
doch recht haben mit der Theorie eines vererbten Gedächtnisses
im Sinne SemonV? Meines Erachtens nein, doch nur
in bedingtem Sinne. Nicht das Gedächtnis an sich wurde


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