Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
36. Jahrgang.1909
Seite: 305
(PDF, 214 MB)
Bibliographische Information
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Dobberkau: Helen Keller. 305

ihr vererbt, sondern die „unbewußte" Anlage dazu und
die Fähigkeit, eine Welt des Vorstellens im Geiste in sich
aufzubauen. Das beweisen ihre Träume, von denen sie
anfangs berichtet. Da sie in ihren Träumen sehen kann,
also nicht blind ist, so ist damit meines Erachtens bewiesen,
daß das körperliche Auge nicht das alleinige Organ des
Sehens ist. Unserem Geiste steht noch ein geistiges zur
Verfügung und er gebraucht es in den Träumen, beim
Somnambulen, Hellseher, Psychometer und bei jedem
Menschen, um die Welt des Gedächtnisses zu durchwandern.
Jenes nicht körperliche, rein geistige Schauen ist bewiesen
bei den Experimenten, wo Somnambule nach Ausschalten
der körperlichen Augen durch verdeckende Binden doch
sehen konnten und Schriften lasen, und wo Hellseher in
meilenweiter Entfernung Geschehnisse wahrnahmen, von
denen sie durch ihre körperlichen .trugen ganz unmöglich
etwas erfahren konnten. Dies geistige Schauen ist bei
Helen Keller vorhanden und durch dasselbe allein ist sie
imstande, eine dreidimensional angeschaute geistige Welt
in sich aufzubauen. Aber jenes geistige Auge und seine
Wahrnehmungen bleiben im wachen Zustande fast ganz
unter der Schwelle des Bewußtseins und nur einzelnes
wirft seine Schatten herüber ins Tagesleben. Im Traume
aber fallen jene Schranken. Darum ist sie in ihm nicht
blind und taub, sondern all 4as, was von der Welt unter
der Schwelle des Bewußtseins blieb, erwacht und eine neue
Welt eröffnet sich vor ihr, von der sie begeistert erzählt
in ihren prächtigen Schriften.

Nachschrift der Red. Auch das jüngste Büchlein
dieses wunderbaren Mädchens: „Meine Welttf ist bei Robert
Lutz soeben bereits in 8. Auflage erschienen. Blind und
zugleich taub und demzufolge auch stumm sein, erscheint
ja als lebendiger Tod, als Grab der Seele. Aber die Nacht
hat ihre Wunder und so auch die Nacht der Blindheit.
Durch hohe Intelligenz, Energie und Fleiß hat diese psychologisch
allerdings in außergewöhnlichem Grade interessante
Geistesheldin sich selbst „ihre Welt" geschaffen und vermöge
ihrer reichen Phantasie sogar mit Farben, Tönen und
Bildern, von denen sie nie etwas geschaut oder gehört, in
geradezu unglaublicher und unerklärlicher Weise belebt.
Sie selbst sagt sehr wahr: „Die einzige ganz lichtlose Nacht
ist die Nacht der Unwissenheit und Gefühllosigkeit/ In
der Tat sehen ja zahlreiche, mit den vollen fünf Sinnen
ausgestattete Menschen nichts von der Schönheit und Größe
in Natur und Kunst! Helenes ganzer Körper scheint, wie
ein nicht genannter Beurteiler des Buches mit Recht sagt,

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