Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
36. Jahrgang.1909
Seite: 474
(PDF, 214 MB)
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474 Psychische Studien. XXXVI. Jahrg. 8. Heft (August 1909.)

unseren Augen; wo wir hören, wenn auch unsere Ohren
keinen Sehall empfangen; in welcher wir sprechen und angesprochen
werden, obwohl kein Ton über unsere Lippen
kommt oder unser Hörorgan erreicht. In dieser Welt empfinden
wir Leid und Freud, wir werden von Mitleid bewegt
und in Furcht gesetzt und doch entstehen alle diese
Erregungen nicht durch wirkliche Tatsachen. Unser Urteil
ist gewöhnlich getrübt und unsere Verstandesfähigkeiten
machen Fehler, doch die Seele scheint von der Erde Mühen
befreit, als wenn sie schon die Kräfte besäße, welche ihr
der letzte Schlaf verleihen mag. Die Zeit hat ihr Maß
verloren und der Ozean seine Grenzen. Die Vergangenheit
bringt ihre begrabenen Phantome zurück und das Grab
gibt seine Toten wieder. Einzelne Lichtblicke erhellen uns
diese Welt. Nur ein Teil derselben wird uns dämmernd
entschleiert durch die Erinnerung an einige Gedanken des
Schlafs. Aber der andere Teil ist für uns unerforschlich,
so unerforschlich, als die Welt jenseits des Grabes.

Welche Mittel haben wir, um zu erfahren, was im
Schlafe unseren Geist durchzieht? Lediglich unser Gedächtnis
(ausgenommen wir sprechen laut im Schlaf und
man hört diese Worte). Gedanken des Schlafes sind im
wachen Zustand vergessen, als wären sie nie gewesen; ja
sie sind vergessen, ehe wir erwachen. Der Beweis hierfür
ist der Umstand, daß, wenn eine Person im Schlafe spricht
und man fragt sie am nächsten Morgen über den Gegenstand
ihres Traumes, sie verneint geträumt zu haben und selbst,
wenn man ihr sagt, was sie im Traume gesprochen hat,
sich an nichts erinnern kann. Die Frage, welche schon
zu Aristoteles' Zeiten aufgeworfen wurde, ob wir überhaupt
schlafen, ohne zu träumen, ist auch heute noch schwierig
zu beantworten.

Für die Theorie, daß kein Moment im Schlafe ohne
träumende Gedanken und Empfindungen ist, treten Hippo-
krates, Leibnitz, Descartes und Cabanis ein. Der größte
Gegner dieser Ansicht ist Locke.*) Aber dessen Erklärung
des Träumens ist falsch. Locke sagt, daß man
„träumend Ideen hat, während die äußeren Sinne gebunden
sind, Jdeen, die weder durch ein Objekt von außen, noch
durch eine bekannte Veranlassung entstanden sind und die
auch nicht unter dem Gesetze und der Leitung der Verstandeskräfte
stehen*. Allein die äußeren Sinne sind im
allgemeinen nur zum Teil ausgeschaltet und die Ideen sind

*) Der 1632 geb., 1704 gest. berühmte englische Philosoph John
Locke ist der Begründer des empiristischen Sensualismus.


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