Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
36. Jahrgang.1909
Seite: 539
(PDF, 214 MB)
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Eick: Käferschicksal und Menschenschicksal. 539

So reden die Käfer von ihrem Standpunkt. Und in
Wirklichkeit? Im einzelnen haben sie meistens recht, in
ihren Verallgemeinerungen und Folgerungen unrecht. Die,
welche die zerstörende Mutwilligkeit des „Mensch-Schicksals"
verdammen, urteilen in diesem Fall und Beispiel richtig:
der betreffende Mensch in seinem besonderen Zustande
wollte vernichten. Ebenso haben die Käfer recht, die in
einem bestimmten Fall von Freundlichkeit und Güte, wie
in einem anderen von Zufall und Blindheit reden. Nur
vermögen sie durchaus nicht nach dem Nutzen oder Nachteil
für sie zu entscheiden, wann wirklich beim Menschen
Absicht und Güte, wann unbewußt zielloses Wirken oder
Grausamkeit vorlag. Wohl ist das seelische Leben im
Käfer, wie im Menschen dem Stoff und der Art nach
wahrscheinlich gleich, aber im Vergleich zum Käfer zeigt
der Mensch eine Ausbildung und Höhe des Seelenlebens,
die in Lebensziel und Wesen ihn dem Käfer völlig inkongruent
machen. Wohl berühren und schneiden sich
sozus. die Kreise von Mensch und Käfer zuweilen; aber im
ganzen steht die Sphäre des Menschen so sehr außerhalb
des Käfers, daß sie von diesem weder erkannt, noch beurteilt
werden kann. Betrachten wir also den Menschen
als das Schicksal des Käfers und fragen wir, wie der wirkliche
Mensch sich von dem „Mensch-Schicksal" des Käferstandpunktes
unterscheidet? so sehen wir: Der Mensch lebt
nach seinen eigenen naturbestimmten Gesetzen, nach seinem
Charakter, seinen Trieben und Wünschen. Er geht seinen
eigenen Gang und, soweit nicht infolge besonderer Umstände
der Käfer sein Leben kreuzt, führt er ein „außer-
käferliches", in sich begründetes, abgeschlossenes Dasein.

Das Interessante liegt nun nicht in dieser völligen
Trennung zwischen Käfer und Mensch, sondern in der zeitweisen
, hier absichtlichen, dort zufälligen Berührung mit
dem Leben des Käfers, einer Berührung, die der Käfer im
einzelnen sich zu deuten sucht, ohue doch das „System"
des Mensch-Schicksals zu erfassen. Recht hat er, wenn er
in vielen Fällen das Mensch-Schicksal als gut, böse, blind,
ziellos auslegt. Aber wenn von den verschiedenen „Philosophien
" des Käfers die tiefer Blickenden vergebens nach
einem käferähnlichen und ihm vergleichbaren Geistessystem
des Mensch - Schicksals suchen, so treffen sie nicht die
Wahrheit mit der resignierten Vorstellung des chaotisch
Verworrenen. Denn das Reich des Menschen hat seine
(für ein höheres Wesen) genau durchschaubare und feste
Struktur und Ordnung: nur kann der Käfer sie weder im
ganzen überschauen, noch mit seinen Fähigkeiten erkennen

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