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v. Schnehen: Die Seelenlehre von Eduard v. Hartmann. 653
zeugten seelischen Erscheinungen aber sind nur eine
passive Widerspiegelung des mechanischen Geschehens
ohne rückwirkenden Einfluß auf dieses. Jedes einzelne
Bewußtsein spiegelt in sich den materiellen Weltlauf wider,
aber es beteiligt sich in keiner Weise an seiner Ausgestaltung
. Und ein wechselseitiger Einfluß der Bewußtseine
aufeinander, jeder geistige Verkehr zwischen ihnen ist
unmöglich (130—132).
Ergebnis. Die physiologische Betrachtung lehrt
uns also die unentbehrlichen materiellen Bedeutungen der
bewußt seelischen Erscheinungen kennen und liefert dadurch
zu deren Erklärung einen wichtigen, nicht wieder
zu verlierenden Beitrag. Sie verlegt auch mit Recht alle
Aktivität aus dem Bewußtsein hinaus und räumt mit dem
Irrtum auf, als ob die Bewußtseinsform oder deren verselbständigte
Inhalte irgend eine Wirksamkeit entfalten
könnten. Ihr Fehler besteht nur darin, daß sie die im
Bewußtsein nicht aufzufindende Wirksamkeit allein auf
seiten der Materie sucht und jene unentbehrlichen leiblichen
Bedingungen der Bewußtseinsvorgänge für deren
zureichende Ursachen ausgibt (135—136). Denn damit
führt sie unweigerlich in den reinen Materialismus hinein,
setzt die Lebewesen sämtlich zu bloßen Automaten herab,
die mechanisch handeln, während ihre Bewußtseine diesem
Handeln passiv zuschauen (132—133), macht so jeder
Sittlichkeit (135) ein Ende und steht vor allem ratlos vor
der Frage, wie die Materie in ihrem mechanischen Prozeß
dazu kommt, jenen unwirksamen, zwecklosen und in jeder
Hinsicht überflüssigen Schein des Bewußtseins in den
Lebewesen zu erzeugen. Ja, wenn die Wirksamkeit des
Bewußtseins, sein Eingreifen in den mechanischen Natur-
lauf mit Becht als ein Widerspruch gilt, dann ist das
Ubergreifen der materiellen Mechanik über ihr eigenes
Gebiet, ihr bestimmender Einfluß auf die Bewußtseinsvorgänge
offenbar ein unbegreifliches Wunder: ein Wunder,
das nur noch überboten wird durch das Vorhandensein
eines nutzlosen Bewußtseins überhaupt (133—13 ±).
Diesen Schwierigkeiten ist nur dadurch zu entgehen,
daß eine seelische Tätigkeit anerkannt und ihr irgendwie
ein Einfluß auf den Leib eingeräumt wird. Das aber ist
so lange unmöglich, als das Seelische auf das Bewußtsein
beschränkt und der Satz der geschlossenen Naturkausalität
im Sinne der mechanischen Naturansicht festgehalten wird.
Die Seele muß mehr sein als das Bewußtsein und die
Natur mehr als bloß eine materielle Natur: nur dann ist
eine seelische Tätigkeit zu retten. M. a. W., es muß eine
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